Film:Zweite Chance

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Der Film "Zuhurs Töchter"von Laurentia Genske und Robin Humboldt erzählt von zwei aus Syrien geflüchteten, transgeschlechtlichen Schwestern, die von der Öffentlichkeit als junge Frauen akzeptiert werden wollen. (Foto: Humboldt Genske/Dok-Fest)

Das diesjährige Dok-Fest München kehrt mit einer "Best of-Ausgabe" in die Kinos zurück. Dabei werden aktuelle Themen von Geschlechterfragen bis zu Umweltskandalen verhandelt.

Von Josef Grübl

Gesehen werden wollen im Zeitalter der Selbstdarstellung viele, anders herum nehmen sie es nicht ganz so genau. Da wird oft nur flüchtig hingeschaut, manchmal auch neugierig gegafft, mit genauem Beobachten oder Betrachten hat das kaum etwas zu tun. Beim Dok-Fest München ist das anders: Auf den Programmflyern der aktuellen Ausgabe steht "I See You", da geht es also ums Hinsehen. Von Donnerstag, 11. November, an werden vier Tage lang 17 Filme auf der großen Leinwand gezeigt. Eine aktuelle Dok-Fest-Ausgabe, live und vor Publikum? Findet das nach Programmfülle und Publikumszuspruch größte deutsche Dokumentarfilmfestival nicht immer im Mai statt, zuletzt online? Das schon, aber erstens ist in Pandemiejahren alles ein wenig anders. Zweitens scheint es bei all den lokalen Festivals, die im November in München stattfinden, von der Griechischen Filmwoche über Bimovie bis hin zu den Lateinamerikanischen Filmtagen, tatsächlich noch Bedarf an einer weiteren Filmveranstaltung zu geben.

Es werden auch Gäste aus der Branche zu den Vorstellungen in die Kinos kommen

Bei der Terminfindung habe die pandemische Lage ebenso eine Rolle gespielt wie die eigenen Verfügbarkeiten sowie die der Veranstaltungsorte, erklärt Daniel Sponsel. "Uns war schon im Frühling klar, dass wir gerne im Herbst mit einem 'Best of' in die Kinos zurückkehren würden", sagt der Dok-Fest-Geschäftsführer und künstlerische Leiter bei einem Videotelefonat. Die neben ihm sitzende stellvertretende Festivalleiterin Adele Kohout stimmt ihm zu: "Wir hatten die letzte Ausgabe als duales Festival geplant, mit Präsenzveranstaltungen in den Kinos und einem Online-Filmangebot", sagt sie, "wegen der dritten Corona-Welle konnten wir es doch nur digital machen." Sie sei aber stolz auf das Erreichte, man habe ja nicht nur Filme gestreamt, sondern ein vielseitiges Beiprogramm mit Filmgesprächen oder Workshops auf die Beine gestellt. Das ist schön, doch Präsenzveranstaltungen sind trotzdem etwas anderes. Und da Kinovorstellungen jetzt wieder möglich sind, wolle man die besten Filme des aktuellen Jahrgangs auf der großen Leinwand zeigen, auch Gäste werde es geben.

Auf dem Programm stehen alle neun Filme, die im Mai mit Preisen ausgezeichnet wurden

Die zuletzt rasant gestiegenen Infektionszahlen würden ihnen zwar Sorgen bereiten, gestehen die beiden, stattfinden soll das Festival aber auf alle Fälle. Auf dem Programm der Partnerkinos City Atelier Kinos, Rio Filmpalast und Neues Maxim stehen alle neun Filme, die im Mai mit Dok-Fest-Preisen ausgezeichnet wurden. So etwa auch "Anny", das Porträt einer tschechischen Sexarbeiterin: Die für ihre Langzeitbeobachtungen bekannte Regisseurin Helena Treštíková bekam den "Viktor" für den besten Film des internationalen Wettbewerbs. In der deutschen Sektion wurde "Zuhurs Töchter" ausgezeichnet, der Film von Laurentia Genske und Robin Humboldt erzählt von zwei aus Syrien geflüchteten, transgeschlechtlichen Schwestern, die von der Öffentlichkeit als junge Frauen akzeptiert werden wollen.

"Anny", das Porträt einer tschechischen Sexarbeiterin von Regisseurin Helena Treštíková, bekam den "Viktor" für den besten Film des internationalen Wettbewerbs. (Foto: Dok-Fest München)

Als Transgender lebt auch die Protagonistin des mexikanischen Films "Things We Dare Not Do", der mit dem "Viktor" der Reihe "Dok-Horizonte" prämiert wurde. Im Amerikahaus werden auch Produktionen aus dem diesjährigen Gastland Kanada gezeigt, das Filmessay "La fin des terres" etwa nimmt das Publikum mit auf eine cineastische Reise durch Québec. Und im Bellevue di Monaco stehen Beiträge der Festivalreihe "Dok-Focus Empowerment" auf dem Spielplan, unter anderem der österreichische Film "Wood - Der geraubte Wald", der vom illegalen Holzabbau in europäischen Ländern erzählt.

Der österreichische Film "Wood - Der geraubte Wald" erzählt vom illegalen Holzabbau in europäischen Ländern. (Foto: Dok-Fest München)

Das Münchner Dok-Fest hat ein treues Publikum, im Mai streamten 71000 Menschen die Filme, Filmgespräche und Preisverleihungen. Das Best-of-Programm im Kino werden viele schon kennen. An wen richtet sich dieses Dok-Fest also? "An alle", behauptet Daniel Sponsel selbstbewusst, "die Filme sind so gut, dass man sie auch ein zweites Mal sehen kann."

Best of Dok-Fest München, Do.,11., bis So., 14. Nov., an verschiedenen Orten, Infos und Spielzeiten: www.dokfest-muenchen.de

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