Standortsuche:Ist das Kunst oder kann das weg?

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Wo genau die beiden Figuren irgendwann einmal stehen werden, noch ist es ungewiss. Vor allem die Standortsuche für den "sitzenden Mann" gestaltet sich schwierig. (Foto: N. P. Jørgensen)

Disput über den Standort zweier Figuren auf dem Indersdorfer Marktplatz

Von Jacqueline Lang, Markt Indersdorf

Zum Tag der Gemeinderatssitzung hat die Marktgemeinde Indersdorf die beiden Skulpturen des Künstlers Bernd Schmidt-Pfeil probeweise gleich mal auf dem neuen Marktplatz platzieren lassen: Den Mann auf Höhe vom Café Zimtstern, die Frau an den Treppen am Rathaus. Die Gemeinderäte sollten sich dadurch einen besseren Eindruck davon verschaffen können, ob die Kunstwerke dort gut stehen oder vielleicht doch noch nach einem besseren Standort gesucht werden soll. Soweit so gut.

Womit aber zu Beginn der Diskussion, der bereits knapp drei Stunden Sitzung vorausgegangen waren, wahrscheinlich kaum jemand gerechnet haben dürfte: Nicht nur wurde sachlich das Für und Wider bestimmter Standorte abgewogen, nein es wurde, nun ja, fast philosophisch: "Ist das Kunst oder kann das weg?", wollte etwa Gemeinderat Axel Hoack (Grüne) wissen. Johann Lachner (CSU), der den Ball ins Rollen gebracht hatte, fragte sich, was die Figuren überhaupt darstellen sollten. Monika Geisenhofer (CSU) sagte, sie sei beim Gang über den Marktplatz "ehrlich gesagt erschrocken" beim Anblick der Skulpturen. Martin Schwarz (EHW) versuchte es ein wenig diplomatisch: "Des is a bissl woas anderes." Sein Kollege von der Wählervereinigung, Florian Ebner, hatte bereits in der vergangenen Sitzung Unmut darüber geäußert, dass die Frau oberhalb des Mannes stehen soll. Auch Schwarz beklagte nun, die Frau wirke "da oben zu dominant" und dränge sich in den Vordergrund. Andreas Geier (BBN) schlug gleich vor, die Figuren einfach an den Philosophenweg zu stellen. Ganz nach dem Motto: Bloß weit weg vom Marktplatz.

Grundsätzlich sind das natürlich legitime Positionen. Allerdings gibt es eine Vorgeschichte, und die lässt die ganze Diskussion dann doch etwas seltsam anmuten. Der Gemeinderat - wenn auch noch der ehemalige - hat sich die Figuren nämlich selbst eingebrockt. Im Frühjahr 2019 entschied dieser, dass die Indersdorfer selbst darüber entscheiden sollen, ob sie die Figuren - "sitzender Mann" und "Frau im Wind" - als dekoratives Element auf dem Marktplatz stehen haben wollen oder nicht. Eine Mehrheit entschied sich dafür. Es ist also schon gut zwei Jahre her, dass die Entscheidung gefallen ist; außerdem haben eben jene Bürger entschieden, die die Gemeinderäte ins Amt gewählt haben. Sichtlich irritiert wirkte ob dieser Diskussion denn auch Bürgermeister Franz Obesser (CSU). Wolle man wirklich noch einmal eine Grundsatzdiskussion, fragte er in die Runde. Statt ihm zu antworten, ging die Debatte munter weiter.

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Hans Wessner (Umweltdenker) meldete sich sogar als mutiger Fürsprecher zu Wort. Anders als offenbar viele seiner Kollegen habe er sich beim Anblick der Figuren gedacht: "Wow!" Hubert Böck (SPD) berichtete, dass er bereits positives Feedback aus der Bevölkerung vernommen habe. Sogar ein Vergleich mit der Freiheitsstatue in New York sei gefallen. Darüber mussten dann selbst jene lachen, die die Figuren eigentlich ganz hübsch finden.

Über Kunst lässt sich streiten, heißt es. Die Gemeinderäte haben es einmal mehr bewiesen. Damit habe, so Anita Engelbrecht (SPD), das Kunstwerk schon alles erreicht: "Es wird darüber gesprochen." Recht hat sie - auch wenn man sich die Frage stellen könnte, warum bei anderen Themen als zwei gusseisernen Figuren nicht genau so leidenschaftlich gestritten wird. Aber das ist ein anderes Thema.

Letztlich sprachen sich die Gemeinderäte dafür aus, dass die Frau nahe der Rathaustreppe stehen bleiben darf. Der Mann wird vor der Sitzung im Juni vor dem Rathaus beim Briefkasten platziert. Auf die nachfolgende Diskussion darf man gespannt sein.

© SZ vom 22.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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