Sexuelle Gewalt:Keine Anlaufstelle für Frauen auf Dachauer Volksfest

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  • Die Aktion "Sicheres Dachauer Volksfest" haben die Arbeiterwohlfahrt und das Frauenhaus 2016 ins Leben gerufen, um Frauen und Mädchen mehr Sicherheit auf dem Volksfest zu bieten.
  • Nun ist das Projekt vorerst gescheitert, weil sich die Initiatoren mit der Stadt nicht auf einen Standort einigen konnten.
  • Mit der bisherigen Anlaufstelle im Haus der Erwachsenenbildung waren die Helferinnen nicht zufrieden, weil dort das Angebot kaum wahrgenommen worden war.

Von Petra Schafflik und Thomas Radlmaier, Dachau

Nach nur zwei Jahren ist die Aktion "Sicheres Dachauer Volksfest", die Frauen und Mädchen einen Schutzraum bieten soll, vorerst gescheitert. Damit fehlt heuer eine Anlaufstelle für Volksfestbesucherinnen, die sich in irgendeiner Weise bedroht fühlen. Der entscheidende Grund: Die Initiatoren des Projekts konnten sich mit der Stadt nicht über einen geeigneten Standort für den Frauen-Treffpunkt einigen und zogen sich daher zurück. "Wir finden das sehr schade", sagt Markus Haberl, der im Rathaus für das Volksfest zuständig ist.

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und das Frauenhaus hatten die Aktion 2016 ins Leben gerufen mit dem Ziel, Frauen und Mädchen mehr Sicherheit auf dem Volksfest zu bieten. Vorbild war das Projekt "Sichere Wiesn", das seit 15 Jahren auf dem Münchner Oktoberfest eine sichere Anlaufstelle schafft für Opfer sexueller Gewalt. Frauen, die etwa ihre Gruppe verloren haben, konnten sich in den vergangen zwei Jahren auch in Dachau an Helferinnen wenden. An den Volksfestwochenenden gab es diesen Treffpunkt im Haus der Erwachsenenbildung, wo während der Festwoche auch das BRK und die Polizei stationiert sind.

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Doch der Standort sei nicht ideal gewesen, sagt Birgit van Gunsteren vom Frauenhaus. Das Angebot sei dort kaum wahrgenommen worden, zudem habe es sich als Hemmschwelle erwiesen, dass man ins Haus der Erwachsenenbildung nicht einfach reingehen könne. Da offenbar viele Volksfestbesucher nur die Toilette im Gebäude aufsuchen würden, werde am Eingang nach dem Ziel gefragt. "Da steht dann eine ganze Männerschar vor der Tür", sagt AWO-Geschäftsführerin Wiebke Kappaun.

Die Organisatorinnen hätten deshalb heuer gerne einen Projekt-Wohnwagen aufgestellt, und zwar auf dem Volksfestgelände, nicht außerhalb, sagt van Gunsteren. "Wir müssten sichtbarer sein." Die ehrenamtlichen Frauen hätten sich - wie bei der Aktion auf dem Oktoberfest - einen Standort auf dem Festgelände, mitten unter den Karussells und Buden gewünscht. Die Stadt bot ihnen daraufhin einen Platz an in der Autoparkzone am Volksfest-Eingang bei der Martin-Huber-Treppe. Doch dieser erschien dem Team als nicht geeignet und lehnte ab.

Positive Resonanz von Eltern

Im Rathaus bedauert man die Entscheidung. Doch ein Platz mitten auf dem Volksfestgelände sei schwierig umzusetzen gewesen. "Wir hätten einen Schausteller rausschmeißen müssen." Die Plätze seien aber schon ausgeschrieben gewesen. An der Martin-Huber-Treppe hätten die Frauen auch ein Vorzelt aufstellen dürfen. "Doch sie fühlten sich dort nicht als Teil des Volksfestes."

Dass man wohl eine Lösung gefunden hätte, das betont auch van Gunsteren. Wären da nicht noch weitere Schwierigkeiten, die das Aus besiegelten. Die Organisation mit Ehrenamtlichen sei schwierig gewesen. Die freiwilligen Helferinnen müssten speziell geschult werden und sind dadurch nicht auf die Schnelle ersetzbar, wenn jemand kurzfristig ausfällt. Dazu kommt, dass das Angebot bisher nicht stark in Anspruch genommen wurde. Doch einige Mädchen hätten die Anlaufstelle genutzt, um sich von dort abholen zu lassen, so die Initiatoren. Zudem gab es positive Resonanz von Eltern, die beruhigt waren, dass ihre Töchter im Notfall betreut würden. Auch die Dachauer Polizei bedauert, dass die Aktion nun stillgelegt ist. "Wir begrüßen so etwas immer", sagt Pressesprecher Björn Scheidt. Doch er betont auch, dass es auf dem Dachauer Volksfest nach Kenntnisstand der Polizei kaum vorkomme, dass sich Frauen bedroht fühlten.

Auch wenn es heuer die Aktion nicht mehr geben wird, bedeute das kein endgültiges Aus, sagt AWO-Geschäftsführerin Kappaun. "Mit anderen Möglichkeiten können wir das Projekt vielleicht wieder aufleben lassen." Auch Haberl sagt: "Wir hätten das Angebot gerne wieder."

Hilfe finden Volksfestbesucherinnen in Not bei Rotem Kreuz und Polizei in der Wache im Haus der Erwachsenenbildung. Über die Rufbereitschaft ist das Frauenhaus telefonisch erreichbar unter 08131/514726.

© SZ vom 08.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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