Geschichte des Dachauer Schlosses:Königliche Kornkammer

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Das Schloss mit seinem blühenden Hofgarten gehört heute zu den touristischen Anziehungspunkten in Dachau. (Foto: Toni Heigl)

Die Ausstellung zum Thema "Brot" im Dachauer Bezirksmuseum wirft ein Schlaglicht auf eine ungewöhnliche, aber letztlich erfolglose staatliche Maßnahme gegen die Hungersnöte Anfang des 19. Jahrhunderts.

Von Gregor Schiegl, Dachau

Bei einem Besuch des Dachauer Schlosses im Jahr 1893 stellte der Münchner Kulturpfleger Karl Trautmann (1857-1936) fest, dass längst "auch der einzige erhaltene Flügel des Baus [...] eine traurige Ruine geworden" war. Noch vor dem Ende der Monarchie in Bayern schien das einst vierflügelige, stattliche Wittelsbachische Jagdschloss aus der Renaissancezeit endgültig dem Verfall preisgegeben. Der Umgang mit der historischen Bausubstanz war oft nicht sehr pfleglich, napoleonischen Truppen hausten in den herrschaftlichen Räumen, aber auch die Dachauer nutzten das königliche Gemäuer für eher bodenständige Zwecke. Zum Beispiel um Getreide zu lagern.

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Brot steckt voller Symbolkraft: in Märchen, in Redensarten und im christlichen Glauben. Die mit einfachsten Mitteln gestaltete Schau in Dachau zeigt auch den Wandel im Handwerk - und wann Bäcker für altes Brot in Ketten gelegt wurden.

Von Gregor Schiegl

Dieser wenig bekannte Aspekt der Dachauer Geschichte ist in einer Planzeichnung für den königlichen Amtsspeicher erhalten geblieben und in der aktuellen Brot-Ausstellung des Bezirksmuseums zu sehen. Die großformatige Zeichnung veranschaulicht Überlegungen, wie durch bauliche Maßnahmen eine ausreichende Belüftung ermöglicht werden kann, die für die Lagerung von Nahrungsmitteln wie Getreide und Mehl notwendig ist.

Die lavierte Tuschezeichnung, laut Bezirksmuseum entstanden nach 1806, zeigt eine Ansicht des Dachauer Schlosses. (Foto: Bezirksmuseum Dachau)
Zu sehen ist auch ein Plan für einen besseren Luftzug zu ebener Erde im Schlosssaal, damit das Getreide nicht feucht wird und schimmelt. (Foto: privat/Bezirksmuseum Dachau)

Museumsleiterin Ursula Nauderer erklärt, wie es zu der zeitweisen Umnutzung des Dachauer Schlosses kam: Die meisten Schlösser in Bayern waren seinerzeit wenig genutzte Prestigeobjekte, die Macht und Ansehen des Herrscherhauses widerspiegelten. Sie zu unterhalten, kostete Unsummen. Neben der bayerischen Adaption von Versailles, dem Neuen Schloss Schleißheim aus dem frühen 18. Jahrhundert und dem älteren, im 17. Jahrhundert erbauten Lustschloss Nymphenburg stand im Umland der Residenzstadt München das noch weitaus ältere Jagdschloss Dachau - es war trotz der barocken Modernisierung längst bedeutungslos geworden.

Mit dem Regierungsantritt Kurfürst Max IV. Josephs war das Schicksal des Schlosses besiegelt. Auf Verfügung des 1806 "durch Napoleons Gnaden" zum König Max I. Joseph aufgestiegenen Wittelsbacher Herrschers wurden drei der vier Flügel der maroden Schlossanlage im Markt Dachau abgebrochen. Nur der Südwestflügel mit dem Festsaal und seiner kostbaren Holzdecke aus der Renaissance sollte übrig bleiben.

Nicht nur dem Schloss, sondern mehr noch den Menschen im Markt Dachau und im Umland hatten die Napoleonischen Kriege um 1800 erheblich zugesetzt. Bereits seit 1796 konnte in Dachau kein Wochenmarkt mehr abgehalten werden. Dieser Zustand und die damit verbundene schlechte Versorgungslage hielten 20 Jahre lang an. Zudem verursachten mehrere Missernten in Bayern 1816/17 eine landesweite Hungersnot, die manchen in den Ruin trieb und viele Menschen das Leben kostete.

Eine "insgesamt verfehlte staatliche Krisenpolitik"

Aus Staatsräson sollte im noch aufrecht stehenden Rest des Schlosses - der zeitweise bereits als Lazarett genutzt worden war - ein Getreidespeicher entstehen. Zu diesem Zweck entstand die Planzeichnung, die leider nicht datiert wurde. Letztlich änderte auch die Errichtung eines "königlichen Amtsspeichers" nur wenig an der "insgesamt verfehlten staatlichen Krisenpolitik", so Kuratorin Nauderer.

Ursprünglich war die Ausstellung im Bezirksmuseum zum Thema Brot nur bis Ende Januar geplant. Sie wurde verlängert und ist nun noch bis zum 15. September zu sehen.

"Das Brot - Wert und Symbolkraft eines Lebensmittels", Ausstellung im Bezirksmuseum Dachau, Öffnungszeiten Dienstag bis Freitag von 11 bis 17 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertag von 13 bis 17 Uhr

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