Pflege und Anerkennung:Ein fairer Lohn ist essentiell

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Pflegekräfte in den Krankenhäusern werden in der Corona-Pandemie zu Recht hoch gelobt. Auch in der Helios Amperklinik AG in Dachau - über die Missstände im Pflegebereich der Klinik verliert der Geschäftsführer in seinem alljährlichen Bericht vor den Kreisräten jedoch kaum ein Wort. Doch Pfleger und Pflegerinnen verdienen mehr als einen kräftigen Applaus: eine angemessene Bezahlung

Kommentar von Jacqueline Lang

Auf dem Peak der ersten Welle der Corona-Pandemie im Frühjahr bedankten sich nahezu überall auf der Welt Menschen klatschend bei den zahlreichen Pflegekräften, die die Krankenhäuser am Rande der Belastbarkeit am Laufen hielten. Auch Politiker sprachen den Menschen ihre Dankbarkeit aus. Doch die Pflegerinnen und Pfleger machten schnell klar, dass allein der Applaus als Anerkennung für ihre Arbeit nicht reichen würde. Sie nutzten den kurzen Moment der Aufmerksamkeit, um auf den seit Jahren bestehenden Pflegenotstand aufmerksam zu machen und bessere Arbeitsbedingungen sowie mehr Geld zu fordern. Und immerhin: Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) versprach allen Pflegekräften einen einmaligen Bonus von 500 Euro.

Selbstverständlich kann man einen Klinikgeschäftsführer, der erst seit wenigen Monaten im Amt ist und noch dazu mitten in einer Krise seine Arbeit aufgenommen hat, nicht die Versäumnisse seiner Vorgänger vorwerfen. Gleichwohl ist es doch auffällig, dass Florian Aschbrenner seinen Bericht im Dachauer Kreistag über die Lage der beiden Kliniken im Landkreis nicht dazu nutzt, proaktiv auf die bereits seit Jahren von zahlreichen Seiten vorgebrachte Kritik an der Situation der Pflegekräfte in Dachau und Markt Indersdorf einzugehen. Noch fataler aber ist, dass er selbst, als einige Kreisräte ihn darauf ansprechen, nur ausweichend antwortet, ja letztlich sogar die Proteste einiger seiner Mitarbeiter als kleine Gruppe von Unruhestiftern verunglimpft. Er lobt die Solidarität der übrigen Pfleger und hebt sogar hervor, dass diese zahlreiche Überstunden geleistet hätten, ohne dabei auf ihre Stunden zu achten - ganz so, als sei das etwas Tolles und nicht letztlich Sinnbild für das Versagen der Führungsebene, der nun auch er angehört.

Die Coronakrise hat auf vielen Ebenen offengelegt, wo das System schon vor Jahren in eine Schieflage geraten ist und Aschbrenner hat sicherlich recht, wenn er sagt, dass ein paar hundert Euro etwa durch das Bezahlen der Münchenzulage alleine nicht den Unterschied machen werden. Aber ein fairer Lohn für einen - wie nun alle wissen - systemrelevanten Job ist eben doch ein essenzieller Baustein für bessere Arbeitsverhältnisse. Mit ein paar netten Worten von oben herab ist es jedenfalls nicht getan. Das wüsste Aschbrenner, hätte er seinen demonstrierenden Mitarbeitern zugehört.

© SZ vom 04.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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