Klimawandel:Wie gut der Landkreis auf Hitzewellen vorbereitet ist

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Die Zahl der heißen Tage in Deutschland hat sich bereits verdoppelt. Bis 2050 dürfte sie auch im Landkreis weiter ansteigen - besonders für ältere und kranke Menschen ein großes Problem. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Die zunehmenden Temperaturen können besonders für ältere Menschen gefährlich werden. Schon vor drei Jahren wurde deshalb beschlossen, dass die Kommunen Hitzeaktionspläne entwickeln sollen. Ein Blick ins Dachauer Land zeigt aber: Passiert ist bislang kaum etwas.

Von Leonard Scharfenberg, Dachau

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Zahl der heißen Tage pro Jahr im Landkreis Dachau fast verdoppelt. Ein Tag gilt als heiß, wenn die Höchsttemperatur über 30 Grad Celsius liegt. Etwa zehn solcher Tage gibt es hier mittlerweile jährlich. Im Vergleichszeitraum zwischen 1971 und 2000 waren es etwas mehr als fünf. Im Jahr 2050 könnte der Wert bereits zwischen 14 bis 18 Tagen liegen, es sei denn, es würden global stärkere Klimaschutzmaßnahmen ergriffen. Das zeigt eine Berechnung der Süddeutschen Zeitung, die sich auf die Modelle des Helmholtz-Klimaforschungszentrums und des Deutschen Wetterdienst stützt.

Bereits vor drei Jahren hatten die Gesundheitsminister der Länder deshalb gemeinsam beschlossen: Die deutschen Kommunen sollen bis 2025 sogenannte Hitzeaktionspläne entwickeln. Allerdings ist das nur ein dringender Aufruf, verpflichtend ist er nicht. Die SZ Dachau hat in den Rathäusern im Landkreis Dachau nachgefragt, wie es um den Hitzeschutz steht. Eine Antwort kam nur von etwa der Hälfte der Kommunen. Und die lautet meistens: Man berate sich noch. Wann ein Hitzeaktionsplan fertig sei, ließe sich noch nicht genau sagen.

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Besonders gefährlich sind die häufiger werdenden Hitzeperioden für ältere, kranke und wohnungslose Menschen. Doch die hohen Temperaturen können auch zu Schäden an Gebäuden und Infrastruktur führen, Grünflächen beschädigen und einen verheerenden Einfluss auf die Qualität der Seen und Flüsse haben.

Tatsächlich haben die vielen ländlicheren Kommunen im Landkreis aber einen großen Vorteil: Es gibt hier - anders als in den Großstädten - kaum zusammenhängend versiegelte Baugebiete, in denen sich die Hitze erheblich schneller anstaut. Ausnahmen bilden Dachau und Karlsfeld.

Der Dachauer OB fordert zusätzliche finanzielle Mittel für die Klimaanpassung

Die Stadt Dachau verfüge mit der Altstadt und den Gewerbegebieten tatsächlich über "Teilräume mit einer hohen baulichen Verdichtung", bestätigt Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Besonders im Bereich der Stadtplanung setze man deshalb bereits seit Jahren auf Grünflächen und Entsiegelung. So sei bei allen neuen Straßen mindestens eine Baumreihe vorgesehen. Auch Dach- und Fassadenbegrünung wolle man berücksichtigen. Zudem soll das Neubaugebiet auf dem ehemaligen MD-Gelände nach dem Prinzip der "Schwammstadt" errichtet werden. Maßnahmen im Bereich der Gesundheitsversorgung nennt Hartmann dagegen keine. Auch ein Hitzeaktionsplan liege noch nicht vor. OB Hartmann beklagt an dieser Stelle, dass von den Kommunen zwar Pläne verlangt, Bund und Freistaat allerdings keine zusätzlichen finanziellen Mittel für die Klimaanpassung in den Kommunen bereitstellen würden.

Aus der Nachbargemeinde Karlsfeld kommt eine deutlich knappere Antwort: Bisher gebe es noch keine Maßnahmen zum Hitzeschutz. Ein Hitzeaktionsplan sei frühestens bis 2024 fertig. Im weitaus kleineren Schwabhausen zählt Bürgermeister Wolfgang Hörl (Freie Wähler) unterdes eine ganze Reihe von Maßnahmen auf, die seine Gemeinde bereits umgesetzt hat. Er nennt beispielsweise die Errichtung von Schattenplätzen in Kindertagesstätten, Rathaus und Bürgerbüro, sowie den Einbau von "großflächigen Regenwasserzisternen". In Schwabhausen verweist man außerdem auf den Landkreis, der im September vergangenen Jahres eine Arbeitsgruppe mit dem vielversprechenden Namen "Hitze und Gesundheit" gegründet hat.

Karl Lauterbach will eine nationale Hitzestrategie erarbeiten

Alle drei Monate treffen hier Angehörige verschiedener Fach- und Beratungsstellen mit Vertretern von Gesundheitsamt, Sozialbüros und der Stabstelle für Ehrenamt zusammen. Die Gruppe solle als "Bindeglied zwischen der kommunalen und überregionalen Ebene funktionieren" und stelle den Gemeinden ihre Vorschläge regelmäßig vor, heißt es aus dem Landratsamt. Bisher umgesetzt sind davon: die Schulung der Seniorenbeiräte zum Thema, die Errichtung von Infoständen an Fachtagen sowie ein Fotowettbewerb zu "kühlen Orten".

Mit dieser überschaubaren Bilanz ist der Landkreis allerdings nicht alleine. In Deutschland gibt es bis jetzt flächendeckend kaum Hitzeaktionspläne. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte deshalb in der vergangenen Woche angekündigt, eine nationale Hitzestrategie erarbeiten zu wollen. Bereits diesen Sommer sollen erste Maßnahmen greifen. Den Anfang macht eine Webseite der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), die vom Bundesgesundheitsministerium unterstützt wird. Hier gibt es Vorschläge für Hitzeschutzmaßnahmen: Trinkwasserbrunnen, Notfallpläne für Krankenhäuser oder höhere Betreuungsschlüssel in Pflegeeinrichtungen. Es bleibt nur ein Problem: Das Ganze richtet sich wieder ausschließlich an die Kommunen.

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