Gerichtsprozess:Ex-Freundin erhebt schwere Vorwürfe

Lesezeit: 4 min

Die Verhandlung wird am 17. August fortgesetzt. (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Ein 33-Jähriger aus dem Landkreis soll seine frühere Partnerin vergewaltig und so geschlagen haben, dass diese um ihr Leben fürchtete. Außerdem soll er im großen Stil mit Marihuana gehandelt haben. In einem Prozess am Landgericht verteidigt er sich gegen die Anschuldigungen

Von Jacqueline Lang, Dachau / München

Die Vorwürfe gegen den 33-Jährigen aus Erdweg wiegen schwer: Nicht nur soll er ein Hakenkreuz in einen Gruppenchat gepostet haben, auch soll er seine damalige Freundin vergewaltigt, geschlagen, ihr Kopfnüsse verpasst und sie so bedroht haben, dass sie um ihr Leben fürchtete. Und als wäre das noch nicht genug, steht auch noch der Vorwurf im Raum, der Angeklagte habe bewaffneten, unerlaubten Handel mit Marihuana getrieben und größere Mengen angebaut.

Eingeräumt hat der Angeklagte gleich zu Beginn der Verhandlung vor dem Landgericht München, dass er das verbotene Symbol in den Chat gepostet hat. In einer Stellungnahme, die seine Verteidigerin Francesca Rossiello-Bianco verließt, heißt es, er habe jetzt verstanden, dass das nichts mit "schwarzem Humor" zu tun habe. Auch dass er Marihuana angebaut hat, bestreitet der Erdweger nicht. Allerdings habe er keinen Handel damit getrieben, erst recht keinen bewaffneten. Er habe die Droge zum eigenen Konsum angebaut und sei selbst überrascht gewesen, wie gut es in seinem Gewächshaus gewachsen sei. Die Waffen, die man bei ihm gefunden habe - ein Baseballschläger, diverse Messer sowie eine Schreckschusspistole und einen Teleskopschlagstock - besitze er zwar, aber sie hätten sich nur in seinem Haus befunden, weil er die Sachen vom Dachboden geholt habe, um sie in eine Vitrine einzusortieren. Dazu sei es aber vor seiner Verhaftung nicht mehr gekommen. Besessen habe er unter anderem die Messer, weil er gerne angle. "Ich hatte nie die Absicht, mich damit zu verteidigen", beteuert der Messebauer, der sehr langsam spricht.

Zu den schweren Vorwürfen, die seine Ex-Freundin gegen ihn erhebt, will der Angeklagte, der mit einer einmonatigen Unterbrechung seit Oktober 2020 in Untersuchungshaft in der JVA Stadelheim sitzt, zunächst keine Angaben machen. Richter Martin Hofmann gibt ihm jedoch zu verstehen, dass ohne seine Stellungnahme nur die der Zeugin bleibe und das dann "möglicherweise ein bisschen einseitig" sei. Immerhin, fügt Hofmann hinzu, könnte man nach den bisherigen Vernehmungsprotokollen der Zeugin bei der Polizei sowie jüngst ausgewerteten Chatverläufen zwischen den beiden "darauf kommen, dass sich das Ganze so zugetragen haben könnte", wie von der Zeugin geschildert. Und sollte das Schöffengericht zu dieser Einschätzung kommen, könnte ein Geständnis des Angeklagten zumindest ein "Pluspunkt" bei der Urteilsfindung sein. Verteidigerin Rossiello-Bianco zeigt sich entrüstet über diese Geständniseinforderung "durch die Blume", zumal sie über die Chatverläufe als neue Beweismittel nicht informiert worden sei. Nach einer kurzen Unterbrechung entscheidet sie sich gemeinsam mit ihrem Mandaten aber doch dazu, dass dieser Angaben zu den Vorwürfen macht.

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Kennengelernt hätte er die 30-jährige Hebertshausenerin im Juli 2020. Anfangs sei die Beziehung gut gelaufen, erst nach und nach habe er erfahren, dass die dreifache Mutter Probleme mit ihrem Ex-Mann, dem Jugendamt und der Substitution von Drogen habe. Diese Probleme hätten sich auch die Beziehung ausgewirkt, aber er habe die Zeugin niemals geschlagen oder sie zum Sex gezwungen. Vielmehr, so der Angeklagte, sei die 30-Jährige immer wieder Hilfe suchend zu ihm gekommen, nachdem sie von ihrem Ex-Mann geschlagen worden sei. Den Eindruck des Richters, dass es sich um eine "Auf- und Ab-Beziehung" gehandelt habe, bestätigt der Erdweger. Öfter habe er wegen der Probleme Schluss machen wollen. So auch eines Abends im Oktober des vergangenen Jahres. An dem Tag habe ihn seine Mutter zu der Zeugin gefahren, die von einem Schwangerschaftsabbruch noch geschwächt gewesen sei. Dort habe sie ihm erzählt, dass ihr Ex-Mann nun wieder die Kinder vorbeibringen dürfe, nachdem sie zwischenzeitlich erwirkt hatte, dass dieser ihr nicht zu nahe kommen darf. Daraufhin sei es zum Streit gekommen, bei dem sie sich gegenseitig die Handys weggenommen hätten und ja, er habe sie beschimpft und schließlich auch so grob gepackt und weggestoßen, dass sie hingefallen und sich dabei womöglich verletzt habe. Das wisse er jedoch nicht, weil er da schon die Wohnung verlassen habe. Draußen habe er erst einmal eine Zigarette geraucht, um sich zu beruhigen. Im Weggehen habe er dann gesehen, dass die Polizei und ein Krankenwagen gekommen seien. An seinem Haus hätten dann ebenfalls bereits Polizisten auf ihn gewartet und ihm mitgeteilt, dass sie ihn wegen versuchten Mordes verhaften würden. Das sei das letzte Mal gewesen, dass er die Zeugin gesehen habe.

Auf die Frage des Richters, wie es um seinen Alkohol- und Drogenkonsum bestellt sei, gibt der Angeklagte zu, dass er nahezutäglich Bier getrunken und teilweise bis zu zehn Joints am Tag geraucht habe. Aggressiv hätte ihn aber der Konsum nie gemacht, eher entspannt. Seit er in der Untersuchungshaft sei, bekomme er Tabletten, unter anderem gegen die Schlafstörungen. "Mein Kopf rattert die ganze Zeit", so der Angeklagte. Auch rund 40 000 Euro Schulden für unterlassene Unterhaltszahlungen für ein Kind, das er bereits im Alter von 14 Jahren gezeugt habe, seien eine psychische Belastung für ihn. Er habe das Geld nun in Raten abstottern wollen, aber dann sei er coronabedingt in Kurzarbeit gekommen und nun im Gefängnis. Auch dort arbeite er aber, er stelle Kinderspielzeug her.

Im Anschluss an die Befragung des Angeklagten, sagt die Geschädigte aus. Auf Antrag ihres Verteidigers, der als Nebenkläger auftritt, wird für die rund dreistündige Befragung jedoch die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Die Begründung: Die Zeugin werde teilweise sehr intime Details, unter anderem aus ihrem Sexualleben schildern. Als sie den Saal betritt, setzt sich ihr Verteidiger so hin, dass kein Blickkontakt zwischen ihr und dem Angeklagten möglich ist. Vorab hatte Richter Hofmann den Angeklagten gewarnt: "Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich benehmen" - auch dann, wenn die Zeugin etwas sage, was dem Angeklagten "nicht so richtig gut gefällt".

Zum Ende des ersten von fünf angesetzten Verhandlungstagen hat das Gericht noch die Schwester des Angeklagten geladen, die jedoch von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht. Auch ein Bekannter des Angeklagten, von dem sich das Gericht mehr Informationen über den Marihuana-Anbau und Verkauf erhofft, wird vernommen. Nachdem der Richter dem 32-jährigen Hebertshausener, der selbst einmal mit der Geschädigten zusammengewesen ist, "alles aus der Nase ziehen muss" und teils widersprüchliche Aussagen tätigt - unter anderem dazu, ob der Angeklagte unter Alkoholeinfluss aggressiv ist oder nicht und was für eine Art Mensch die Geschädigte ist - entscheidet das Gericht, die Verhandlung für den Tag zu beenden und den Zeugen an einem anderen Tag noch einmal vorzuladen. Es stehen zudem noch psychologische Gutachten sowie ein Bericht der Gerichtsmedizin aus. Ein Urteil wird am 1. September erwartet.

© SZ vom 09.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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