Osterfeuer:"Wir haben keine Puppe verbrannt"

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In Sigmertshausen, einem Ortsteil von Röhrmoos, wurde am Karsamstag eine Puppe verbrannt. (Foto: Toni Heigl)

In Burschen- und Mädchenvereinen wird über die Kritik am antisemitischen Charakter der Judasfeuer diskutiert - mit unterschiedlichen Ergebnissen.

Von Helmut Zeller, Dachau

Auch in Burschen- und Mädchenvereinen im Landkreis Dachau ist die Debatte über den judenfeindlichen Brauch der Puppenverbrennung bei Oster- oder Judasfeuern ein großes Thema. Lisa Lerchl, Vorsitzende des Burschen- und Mädchenvereins Röhrmoos, erklärte im Gespräch mit der SZ: "Wir haben keine Puppe verbrannt." Ihr Verein habe sich in diesem Jahr bewusst gegen eine Puppenverbrennung bei seinem Osterfeuer in Röhrmoos entschieden, weil man keine "antisemitischen und rassistischen Untertöne befördern" wolle.

Lerchl räumte ein, dass auf der Website des Vereins mit 118 aktiven Mitgliedern bis Mittwoch noch der Satz stand: "Wichtig ist hierbei die Puppe aus Stroh, die den Judas darstellt, der wegen seines Verrats verbrannt wird." Die Website sei völlig veraltet, sagte Lerchl, die diesen Satz inzwischen gestrichen hat. Die biblische Figur des Judas Iskariot, der angeblich Jesus Christus dem Tod ausgeliefert hat, steht in der antijudaistischen Tradition für "die Juden". Lerchl bedauert, das Burschenvereine in der Debatte über judenfeindliches Brauchtum oft in ein falsches Licht gerückt würden. Ihr Verein jedenfalls habe sich sehr wohl damit auseinandergesetzt und die entsprechende Konsequenz gezogen.

"Niemand im Verein hat antisemitische Gedanken im Hinterkopf"

Andernorts wie in Altomünster oder in der Gemeinde Bergkirchen brannten am Karsamstag wieder Puppen in Menschengestalt - obwohl das Landratsamt an die Veranstalter, häufig Burschen- und Mädchenvereine, appelliert hatte, auf den antisemitisch geprägten Brauch zu verzichten. So auch in Sigmertshausen, einem Ortsteil der Gemeinde Röhrmoos. Lukas Lerchl, stellvertretender Vorsitzender des örtlichen Burschen- und Madlvereins, erklärt, warum: Man habe über das Thema im Vorfeld diskutiert, auch in der Ortschaft nachgefragt, ob den Brauch jemand als Diskriminierung empfindet - das war, wie Lerchl sagt, nicht der Fall, sonst hätte man keine Puppe verbrannt, man will niemanden verletzen.

"Niemand im Verein hat antisemitische Gedanken im Hinterkopf", betonte Lerchl. Aus der Sicht von Tradition und Brauchtum, für deren Erhaltung der Verein stehe, habe man sich dafür entschieden, das Osterfeuer wie bisher zu veranstalten. Im Verein werde man die Debatte weiter führen.

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