Coronavirus im Landkreis Dachau:Ab Weihnachten wird geimpft

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Einfach und praktisch: In der Geschäftsstelle des BRK Dachau wurde eines von zwei Impfzentren im Landkreis Dachau errichtet. (Foto: Toni Heigl)

Sobald der Impfstoff gegen das Coronavirus eintrifft, können Mediziner in den beiden neuen Impfzentren in Dachau und Karlsfeld sofort Patienten immunisieren. Bei der Generalprobe nennt Landrat Stefan Löwl einen baldigen Starttermin

Von Benjamin Emonts, Dachau

Als Testperson bekommt man am Eingang eine neue Identität. Man heißt jetzt Dora Dagobert, ist weiblich, 84 Jahre, hat weder Allergien noch Fieber. Der Sicherheitsdienst fordert einen auf, sich die Hände zu desinfizieren und einen Ausweis bereit zu halten. Eine Frau hinter einer Plexiglasscheibe nimmt die Daten auf, die man bereits per Telefon oder online bei der Anmeldung genannt hat. Es geht weiter in den Warteraum, man füllt einen Fragebogen und die Einwilligung aus. Nach einem kurzen Gespräch mit einem Arzt kommt auf einer Liege der kurze Pikser. Nach einer Erholungsphase im Ruheraum ist die erste von zwei Impfungen auch schon überstanden. Insgesamt dauert der ganze Vorgang etwa 40 Minuten.

Natürlich bleibt es an diesem Nachmittag im neuen Impfzentrum am Dachauer Rotkreuzplatz bei bloßen Trockenübungen - der Ernstfall wird lediglich simuliert. Denn immer noch ist unklar, wann und in welcher Menge der sehnsüchtig erwartete Impfstoff im Landkreis Dachau eintreffen wird. Bernhard Seidenath (CSU), der als Landtagsabgeordneter gut informiert sein sollte, rechnet damit, dass der Impfstoff am kommenden Montag, 21. Dezember, zugelassen werden könnte. "Wir gehen davon aus, dass auch hier in diesem Jahr noch die Ersten geimpft werden können", prognostiziert er. Landrat Stefan Löwl (CSU) sagt es noch konkreter: "Wir gehen davon aus, dass die erste Spritze um Weihnachten gegeben werden kann."

Bis es so weit ist, das beweist die Generalprobe am Mittwoch, will man sich in den Impfzentren optimal vorbereiten auf die großen logistischen Herausforderungen. Etwa ein Dutzend Mitarbeiter des Landratsamts und Pressevertreter geben sich als Impfpatienten aus, teils mit verschiedensten Vorerkrankungen. Der ganze Ablauf ist minutiös geplant. Im großen Saal der BRK-Geschäftsstelle wurden mit Trockenbauwänden vier Ärztezimmer eingebaut, in denen die Vorgespräche stattfinden. Der Arzt fragt nach Vorerkrankungen, Allergien, Unverträglichkeiten und bittet um den Impfpass, den man unbedingt dabei haben sollte. Gegenüber, hinter einer Trennwand aus Kartonagen, stehen fünf Liegen, wo die Menschen je nach Wunsch sitzend oder liegend geimpft werden. Der Aufbau wirkt zwar einfach, aber funktionstüchtig.

Pro Schicht kümmern sich zehn Ärzte und medizinische Fachkräfte um die Patienten, sie dokumentieren, klären auf und verabreichen Spritzen. Der Impfstoff wird von einem Team aus jeweils zwei Pharmazeuten in einem aufwendigen, bereits eingeübten Vorgang aufbereitet. "Es muss alles ganz schnell gehen", sagt der Dachauer Apotheker Maximilian Lernbecher. Nach der Anlieferung sei der Impfstoff maximal fünf Tage haltbar, er sei temperaturempfindlich und müsse vor Erschütterungen bewahrt werden. "Wir stehen Gewehr bei Fuß, wir sind sehr motiviert", sagt Lernbecher und spricht damit für rund zehn Apothekerinnen und Apotheker, die sich in den Impfzentren engagieren.

Als Betreiber der Impfzentren hat sich der Landkreis für das BRK in Dachau und die Johanniter Unfall-Hilfe am Karlsfelder See entschieden, wo bereits eine mobile Station aus Containern errichtet wurde. Beide Rettungsdienste rekrutieren gerade Ärzte und medizinisches Fachpersonal. Die Motivation und Bereitschaft ist dem Vernehmen nach groß. "Unsere Bewerber-Hotline glüht", sagt der Dachauer BRK-Geschäftsführer Paul Polyfka. "Die Solidargemeinschaft im Landkreis steht."

Pro Impfzentrum sollen am Tag innerhalb von vier Stunden etwa 150 Personen immunisiert werden, hinzu kommen die mobilen Einsatzteams, die Einrichtungen wie Altenheime aufsuchen. Die Kapazität von täglich 300 Impfungen könnte laut Landrat Löwl bei Bedarf noch erhöht werden auf etwa 1000 Dosen am Tag. Allerdings bezweifelt Löwl, dass dafür anfangs genug Impfstoff zur Verfügung stehen wird. Zudem hätten Befragungen beispielsweise in Altenheimen gezeigt, dass sich bei weitem nicht jeder impfen lassen will. Etwa ein Drittel der Befragten sei noch unschlüssig, mehr als ein Viertel würde Impfungen ablehnen.

Wer also wird zuerst an der Reihe sein mit dem Impfen? Landrat Löwl kann bei dieser Frage nur auf die Vorgaben des Bundes verweisen, auf die man allerdings noch warte. Der Landrat selbst geht davon aus, dass zunächst lediglich ein "handverlesener" Personenkreis mit ärztlichen Empfehlungen immunisiert werden kann. Laut der Empfehlung der Ständigen Impfkommission, an der sich die Bundesregierung orientieren will, sollen zuerst Bewohner und Personal von Alten- und Pflegeeinrichtungen den Impfstoff bekommen. Ebenfalls zur Kategorie mit der höchsten Priorisierung gehört Krankenhauspersonal, das etwa in der Notaufnahme oder auf der Covid-19-Station einem hohen Risiko ausgesetzt ist. Bis der Impfstoff eingetroffen ist, will man sich in den Dachauer Impfzentren auch für die Angehörigen von Bewohnern in Pflege-, Alten- und Behinderteneinrichtungen engagieren. An den kommenden Feiertagen wird ihnen in den Zentren angeboten, einen kostenlosen Antigen-Schnelltest zu machen.

© SZ vom 17.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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