Frei zum Abschuss:Freistaat bläst zur Jagd auf Biber

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Der finanzielle Schaden durch die Nager ist zu hoch. Die Landwirte begrüßen daher den Vorstoß den Abschuss der streng geschützten Tiere zu erleichtern, während der Bund Naturschutz entsetzt reagiert.

Robert Stocker

Landwirte jubilieren, doch Naturschützer protestieren: Der Freistaat will den Bibern auf den Pelz rücken und den Abschuss der streng geschützten Tiere erleichtern. Das Umweltministerium hat die Landratsämter angewiesen, Landschaftsbereiche auszuweisen, in denen Biber prinzipiell gejagt werden dürfen. Hintergrund sind die steigenden Zahlungen, die der Freistaat als Ausgleich für die Schäden leisten muss, die die Nager in der Landwirtschaft anrichten. Im vergangenen Jahr musste der Freistaat dafür fast 600 000 Euro aufwenden - in Zeiten knapper Kassen nach Ansicht der Staatsregierung zu viel.

Um die Erlaubnis für den Abschuss eines Bibers zu erhalten, war bisher eine genaue Einzelfallprüfung nötig. Die Nager stehen unter strengem Naturschutz. Die Tötung der Tiere war Ultima Ratio, um die Gefährdung von Menschen oder größere Schäden zu verhindern. 17 Abschussgenehmigungen erteilte die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamtes im vergangenen Jahr, zwei davon in der Gemeinde Vierkirchen, wo Biber über den Ramelsbach zum Naturbad vordrangen und reihenweise Bäume fällten. Der Schaden betrug Tausende Euro. Bürgermeister Heinz Eichinger musste jedoch hart um die Genehmigung ringen. Jetzt fordert das Umweltministerium die Landratsämter auf, bis Ende September 2012 Gebiete auszuweisen, in denen der Abschuss der Nager jederzeit möglich ist. Dabei geht es um Fischteiche, Gräben oder Straßen und Wege, in deren Umfeld die Tiere größere Schäden anrichten.

Natur- und Umweltschützer reagieren entsetzt. Der Bund Naturschutz hält Biber für unersetzlich, um den fortschreitenden Verlust bedrohter Tier- und Pflanzenarten zu verhindern. Von den Nagetieren geschaffene Feuchtgebiete seien artenreicher und billiger als die von Menschen angelegten Biotope. "Aus Angst vor steigenden Ausgleichszahlungen", so der Bund Naturschutz, "gibt Umweltminister Marcel Huber nach dem Motto Töten statt Zahlen ein verheerendes Signal". Die Umweltschutzorganisation fordert stattdessen, mindestens fünf Meter breite Uferstreifen an Bächen und Flüssen den Bibern als Lebensraum zu überlassen. Hier gebe es die weitaus meisten Schäden für die Landwirte, die dort immer wieder Gefahr laufen, mit ihren schweren Maschinen im unterhöhlten Boden stecken zu bleiben. Die Einrichtung von Pufferstreifen scheiterte bisher am Widerstand des Bauernverbands. Außerdem macht sich der Bund Naturschutz dafür stark, mehr Elektrozäune zu installieren und Fischteiche besser zu sichern.

Vierkirchens Bürgermeister Heinz Eichinger sieht sich durch die Anweisung des Ministeriums in seiner Forderung bestätigt, mehr Abschüsse von Bibern zu erlauben. "Das ist eine vernünftige Maßnahme", sagt Eichinger, der ein gebranntes Kind in Sachen Biber ist. Auch die Kommunen hätten durch die Nagetiere erhebliche Schäden, erhielten aber keine Gelder aus dem Ausgleichsfonds. Durch den Einbau einer "professionellen" Klappe im Ramelsbach hofft der Gemeindechef, das Naturbad künftig wirksam vor Bibern zu schützen. Auch am Pasenbach im Bereich der Kläranlage seien die Nagetiere nicht mehr so stark aktiv. "Die Lage hat sich etwas beruhigt."

Dass der Freistaat jetzt zur Jagd auf den Biber bläst, findet bei den Landwirten große Zustimmung. "Es hat aber lange gedauert, bis ins Umweltministerium Vernunft eingekehrt ist", sagte Anton Kreitmair, Kreis- und Bezirksobmann des bayerischen Bauernverbandes. Das Nagetier sei regelrecht gezüchtet worden, man hätte viel früher einschreiten müssen, damit sich sein Bestand nicht so stark erhöht. "Wir Bauern sind nicht generell gegen Biber, aber die Verhältnismäßigkeit muss stimmen."

© SZ vom 20.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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