Aus dem Gericht:Waffenarsenal auf dem Dachboden

Lesezeit: 2 min

51-jähriger Dachauer steht vor Gericht, weil er Handgranaten, eine Kalaschnikow, Kurzwaffen und Munition gehortet hat.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Im Juni 2019 musste ein Sonderkommando des bayerischen Landeskriminalamts im Dachauer Ortsteil Pellheim anrücken, um eine Metallkiste auf dem Speicher eines Wohnhauses zu öffnen. Die Beamten fanden darin ein ganzes Arsenal an Waffen. Zwei scharfe Handgranaten, eine funktionstüchtige Kalaschnikow, zwei halb automatische Kurzwaffen, eine Leuchtspurpatrone, eine Übungshandgranate der Bundeswehr, mehrere Magazine und Tausende Patronen. Sie machten einen der größten Waffenfunde im Landkreis Dachau in der jüngeren Vergangenheit.

Der Mann, der die Waffen illegal besaß, muss sich seit vergangenem Freitag vor dem Landgericht München II verantworten. Dem 51-Jährigen wird der vorsätzlich unerlaubte Besitz von vier Kriegswaffen und zwei Kurzwaffen zur Last gelegt, hinzu kommen der illegale Besitz von Munition und der unerlaubte Umgang mit "explosionsgefährlichen Stoffen", so heißt es in der Anklageschrift. Der kräftig gebaute Mann sitzt seit dem Polizeieinsatz in Untersuchungshaft in München Stadelheim. Er hat eine Lebenspartnerin und drei kleine Kinder. Sein jüngstes ist auf die Welt gekommen, als er bereits im Gefängnis saß.

Das Motiv des Angeklagten bleibt ungeklärt

Nach dem ersten von vier Verhandlungstagen bleiben das Motiv des Angeklagten und die Herkunft der Waffen ungeklärt. Viele Fragen drängen sich regelrecht auf. Wie kommt ein deutscher Staatsangehöriger an ein solches Waffenarsenal? Woher hat er die Kriegswaffen? Und was hatte er mit den Waffen vor? Nach Anschlägen wie in Halle oder Christchurch, die von schwer bewaffneten Tätern verübt wurden, möchte man gerne mehr wissen über die Gesinnung und Motivation des Angeklagten.

Der 51-Jährige jedoch schweigt, lediglich sein Anwalt erklärt die Vorwürfe der Anklage für zutreffend. Vage bleiben auch die Angaben zu den persönlichen Verhältnissen und einem möglichen Motiv des Angeklagten. Der Dachauer sei im heutigen Kosovo aufgewachsen und für das Militär im Kriegseinsatz gewesen, bevor er 1992 im Alter von 21 Jahren nach Deutschland geflohen sei. Die Gründe seiner Flucht bleiben unbekannt. In Deutschland arbeitete der Mann jahrelang in Sicherheitsdiensten und bis zu seiner Verhaftung in einer Autowaschstraße. Aus dem Krieg resultierend habe der 51-Jährige noch Probleme, deutet der Anwalt an. Er fürchte Racheaktionen, außerdem sei es zu einem Einbruchsversuch bei ihm gekommen. Die Waffen habe der Angeklagte zeitnah vernichten wollen, doch das sei eben schwierig. "Was macht man damit? Wenn jemand eine Vorstellung hat, soll er es bitte sagen", richtet sich der Anwalt an das Landgericht.

Einen möglicherweise geplanten Terrorakt hat die Staatsanwaltschaft wohl ausgeschlossen

Den Anstoß für die Durchsuchung haben Ermittlungen in einem anderen Verfahren in Schleswig-Holstein gegeben. Von dort kamen die Fahnder nach Pellheim, um mit Unterstützung von Beamten des bayerischen Landeskriminalamts das Haus zu durchsuchen. Einer von ihnen schildert dem Gericht die Durchsuchung. Im Haus des Angeklagten wurde ihm zufolge im ersten Stock eine geladene Pistole in einer Tasche gefunden samt drei Magazinen und 13 losen Patronen. Als der 51-Jährige nach weiteren Waffen gefragt wurde, wies er die Fahnder auf eine Metallkiste auf seinem Dachboden hin, die mit zwei Vorhängeschlössern versperrt war. Um keine Gefahr einzugehen, forderten die Beamten eine Technische Sondergruppe an, zumal sie im Haus eine Broschüre über Sprengvorrichtungen gefunden hatten. Die Beamten öffneten die Kiste. Die Waffen wurden anschließend fotografiert und asserviert. Auch das Auto und die Arbeitsstätte des Angeklagten wurden mit einem Spürhund durchsucht.

Er selbst wurde bei der Polizei in Fürstenfeldbruck vernommen. Auf ein islamwissenschaftliches Gutachten, das angefertigt worden ist, verzichtet die Staatsanwaltschaft in der Beweisaufnahme. Einen möglicherweise geplanten Terrorakt hat sie wohl ausgeschlossen. Mehr Erkenntnisse über das Motiv des Angeklagten erwartet sich das Gericht von den kommenden Prozesstagen. Das Urteil wird spätestens am Montag, 12. Oktober, gesprochen.

© SZ vom 05.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Amnestie für Besitzer
:343 Waffen im Landratsamt abgegeben

Zahlreiche Bürger nutzen die Chance, sich ganz offiziell und straffrei von Pistolen, Gewehren und Messern zu trennen

Von Thomas Radlmaier

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: