Flüchtlingshilfe in Dachau:"Woran es jedenfalls nicht mangelt, ist Kleidung"

Lesezeit: 2 min

Ein Raum im Amper-Einkaufszentrum Dachau dient derzeit als zentrale Annahmestelle für Sachspenden - aber nur für solche, die in der Ukraine auch gerade dringend gebraucht werden. (Foto: Michaela Zachmann, oh/Faschingsgesellschaft Dachau)

Am guten Willen, den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine zu helfen, fehlt es nicht. Aber womit hilft man den Menschen wirklich?

Von Gregor Schiegl, Dachau

Selbst die Faschingsgesellschaft Dachau hilft mit. Fünf Tage lang sammeln sie Sachspenden ihrer Mitglieder: Hygieneartikel, Babynahrung, Lebensmittel, Isomatten, Schlafsäcke, Kerzen, Verbandszeug. Alles wird fein säuberlich sortiert und in Kisten verpackt ins Amper-Einkaufszentrum (AEZ) gebracht. Dort koordiniert die Leiterin der Jugend- und Kinderakademie in Dachau, Oksana Bonauer-Morel, die selbst in der Ukraine aufgewachsen ist, die Hilfslieferungen und Transporte in das vom Krieg heimgesuchte Land.

"Es ist Wahnsinn zu sehen, wie viele Leute gekommen sind, um ihre Spenden abzugeben", sagt die Vorsitzende der Faschingsgesellschaft, Michaela Zachmann, nach der Aktion ganz überwältigt. "Das ist beeindruckend und geht ans Herz." Der Wunsch zu helfen, hat im Landkreis inzwischen eine Unzahl von Initiativen, Aktionen und Ideen hervorgebracht. An Kreativität herrscht kein Mangel: Bruno Schachtner von der "Gruppe D", die lange im künstlerischen Austausch mit der westukrainischen Stadt Iwano-Frankiwsk stand, versucht gerade, eine Kunstauktion auf die Beine zu stellen, um Spendengeld zu sammeln; eine Dachauer Stoffdesignerin vertreibt auf ihrer Seite ein "Friedensset", ein Motiv für Bügelstoff mit Friedenstauben, das man sich als Plotterdatei für 1,99 Euro herunterladen kann. Und das ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was sich sich die Leute im Landkreis gerade so alles einfallen lassen.

Jeder will was tun, das führt auch manchmal zu blindem Aktionismus

Der Eifer hat aber auch eine Kehrseite: "Die Übersicht wird immer schwieriger", sagt Hebertshausens Bürgermeister Richard Reischl (CSU). Blinder Aktionismus schade manchmal mehr als er helfe, dann würden Spenden gesammelt, die gar nicht benötigt werden oder nicht verwendet werden können. "Woran es jedenfalls nicht mangelt, ist Kleidung", sagt sein Karlsfelder Kollege Stefan Kolbe (CSU) nach einem Besuch beim örtlichen Helferkreis.

Am Freitag haben sich die Bürgermeister im Landkreis mit Vertretern des Roten Kreuzes getroffen, um etwas mehr Ordnung in das unübersichtlich gewordene Tableau der Initiativen zu bringen. Von Sachspenden an Hilfsorganisationen raten sie derzeit ab, Sachmaterial sei genügend vorhanden. Private Sammelaktionen wie die von Oksana Bonauer-Morel heißen sie jedoch ausdrücklich gut: Bonauer-Morel hat einen guten Draht in die Ukraine, sie weiß genau, was dort wo gerade am dringendsten benötigt wird; eine entsprechende Liste findet man unter www.kiakademie.com. Noch bis Samstag, 12. März, 19 Uhr können im AEZ entsprechende Güter abgegeben werden - oder eben Geld.

Geld spenden ist am effektivsten

"Auch wenn es für viele weniger persönlich und ungreifbarer erscheinen mag, sind Geldspenden tatsächlich in der gegenwärtigen Lage die beste und wirkungsvollste Art, um die humanitäre Hilfe im Ausland zu unterstützen", erklärt die Präsidentin des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), Angelika Schorer. Auch lokal kann man helfen und das schön für zehn Euro. Die Initiative "Dachau handelt" bietet Einkaufsgutscheine an, die über das Landratsamt und örtliche Hilfsorganisationen an die Ukraine-Geflüchteten weitergegeben werden. In rund 80 Geschäften können sie eingelöst werden, egal ob Bäckerei, Apotheke oder Bekleidungsgeschäft. Am Montag, nur einen Tag nach der Ankunft der ersten Geflüchteten im Landkreis, waren bereits 400 Gutscheinkarten á zehn 10 Euro verkauft.

Die Bürgermeister weisen darauf hin, "dass zu einem späteren Zeitpunkt eventuell auch Geflüchteten in den Gemeinden finanzielle Unterstützung benötigen und darum auch hier bei uns Bedarf entstehen wird, die Gemeinde bei der unbürokratischen Hilfe finanziell zu unterstützen". In den nächsten Wochen rechnen sie mit der Ankunft zahlreicher Flüchtlingsfamilien. Wer ein Gästezimmer, eine Einliegerwohnung oder sonstigen Wohnraum zur Verfügung stellen will, kann dies auf der Seite des Landratsamts melden. An einem fehlenden Internet-Anschluss soll die Hilfe freilich nicht scheitern. Das Landratsamt bietet dazu unter der Nummer 08131/74250 ein Bürgertelefon an, das Montag bis Freitag jeweils von 10 Uhr bis 11 Uhr besetzt ist. Einen Überblick über die verschiedene Hilfsmöglichkeiten im Landkreis bietet auch die Website der Dachauer Wirtschaftsjunioren.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBayerisches Rotes Kreuz in der Ukraine
:Wenn Hilfsgüter plötzlich nicht mehr ankommen

Timo Weiersmüller vom BRK-Kreisverband in Dachau verantwortet die Hilfsgütertransporte in die Ukraine. Er erklärt, warum die Ehrenamtlichen derzeit nicht ins Land können und worauf er sich angesichts der Lage in der Ukraine vorbereitet.

Interview von Thomas Altvater

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: