Landtagswahl:"Viele Pflegekräfte kommen auf dem Zahnfleisch daher"

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Wahlkampftermin auf dem Duorad, darauf sitzen Sabine Dittmar und Till Papst, hinten Michael Schrodi, Dennis Behrendt, Hubert Böck, Monika Trejo-Lidl und Christine Bauer (von links). (Foto: Niels P. Jørgensen)

Personalmangel, überforderte Angehörige und hohe Heimkosten: Darum ging es beim Besuch von vier SPD-Politikern im Altenheim Marienstift in Dachau. Doch die Problemlösung ist zäh.

Von Anna Schwarz, Dachau

Im Garten des Pflegeheims Marienstift in Dachau plauschen Senioren unterm Sonnenschirm, einige sitzen im Rollstuhl, andere haben ihren Rollator dabei. Die meisten kommen erst in das Heim, wenn das Lebensende absehbar ist und sie schon über 90 Jahre alt sind, erzählt Pflegekraft Christine Bauer. Schließlich sind die Kosten für einen Heimplatz immens hoch. Das ist nur ein Problem in der Pflegepolitik, das Bauer und Heimleiter Till Pabst an diesem Donnerstagnachmittag mit vier SPD-Politikern diskutieren. Schnelle Lösungen finden sich nicht.

Der Tag ist getaktet: Rund eineinhalb Stunden haben die Genossen eingeplant, um sich die Sorgen rund um das Thema Pflege anzuhören. Danach steht der nächste Wahlkampftermin an für die parlamentarische Staatssekretärin von Bundesminister Karl Lauterbach, Sabine Dittmar, den Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Dachau/Fürstenfeldbruck Michael Schrodi sowie die Kandidaten für die Land- und Bezirkstagswahl Hubert Böck und Dennis Behrendt.

Zunächst stellt Heimleiter Till Pabst das Caritas-Haus vor: Dort gibt es 100 Pflegeplätze. Allerdings sei der Durchlauf hoch, weil man etwa 50 Todesfälle im Jahr habe, 70 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner sind demenzkrank. Um sie kümmern sich 100 Festangestellte und 20 Ehrenamtliche. Allerdings sei es schwierig, Azubis und neue Mitarbeiter zu finden, sagt Pabst. Denn: Die Belastung in Pflegeberufen sei bekannterweise hoch, auch wegen der Schichtdienste, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schwierig. Vor allem die Pandemie sei anstrengend gewesen: "Viele kommen gerade auf dem Zahnfleisch daher", sagt Bauer.

Heimleiter Till Pabst erklärt die Struktur des Caritas-Pflegeheims und stellt einige Forderungen an die SPD-Politiker. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Außerdem sind die Mietpreise im Landkreis enorm hoch, so dass Pflegekräfte schwer eine Wohnung finden, sagt Pabst. Eine Steilvorlage für Schrodi: Der feuert nun gegen den Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), der die Wohnungsbaugesellschaft GBW mit ihren 33 000 Wohnungen 2013 verkauft hatte.

Im Fokus stehen auch die hohen Kosten für einen Heimpflegeplatz, Pabst legt den Genossen eine Preisliste für ein Einzelzimmer im Marienstift vor. Für eine Person mit Pflegegrad 2 fallen rund 4588 Euro an. Davon zahlt die Pflegekasse nur 770 Euro, rund 3700 Euro muss der Bewohner oder die Bewohnerin selbst zahlen. Böck erzählt, dass seine Schwiegermutter in einem Pflegeheim in Markt Indersdorf untergebracht war. Die Kosten dafür seien "schon ein riesiger Batzen, den jemand zahlen muss, entweder die Angehörigen oder das Sozialamt". Deshalb weist Schrodi darauf hin, dass eine Pflegevollversicherung politisch sinnvoll wäre. Das hatte schon ein Bündnis von Sozialverbänden angeregt: Eine solche Vollversicherung müsse alle pflegebedingten Kosten übernehmen, sowohl stationär als auch ambulant.

"Die häusliche Pflege muss besser bezahlt werden"

Monika Trejo-Lidl aus Dachau von der Bewohnervertretung des Heims hat ihren demenzkranken Mann rund zwei Jahre im Marienstift untergebracht und zuvor zuhause gepflegt. Sie kritisiert: "Die häusliche Pflege muss besser bezahlt werden." Sie habe das Gefühl, dass pflegende Angehörige von der Politik nicht wertgeschätzt werden. Als sie ihren Mann mit Pflegegrad 3 daheim pflegte, bekam sie nur 550 Euro Pflegegeld im Monat und arbeitete nebenbei in Vollzeit.

Dennis Behrendt merkt an, es gebe im Landkreis kaum Tages- oder Kurzzeitpflegeplätze. Für private Träger sei das nicht rentabel, sagt Pabst. Behrendt und Böck, die nicht nur für Landtag und Bezirkstag kandidieren, sondern auch im Kreistag sitzen, wollen das nochmals in diesem Gremium ansprechen. Trejo-Lidl mahnt: "Wenn man die Resilienz von Angehörigen stärken möchte, braucht es unbedingt Kurzzeitpflegeplätze." Danach geht es weiter nach Olching, nächstes großes Thema: Krankenhausreform.

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