Gedenken an NS-Opfer:Die "Nacht der Schande" jährt sich zum 85. Mal

Lesezeit: 1 min

Rund 180 Menschen beteiligten sich im vergangenen Jahr an der Gedenkveranstaltung der bayerischen Gewerkschaftsjugend in der KZ-Gedenkstätte Dachau. Auch heuer veranstaltet die DGB wieder eine Gedenkfeier. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die anstehende Woche steht in Dachau unter dem Zeichen des Erinnerns an die Opfer der Reichspogromnacht.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Als in Deutschland in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 die Synagogen brannten und ein antisemitischer Mob durch die Straßen zog, hatten 15 Dachauer ihre Stadt bereits verlassen müssen. SA-Männer hatten schon am Tag zuvor, am 8. November, spätabends an ihren Türen geschellt und sie aufgefordert, die Stadt Dachau wegen ihrer jüdischen Herkunft "noch vor Sonnenaufgang" zu verlassen. Unter ihnen waren etwa Johanna Jaffé, Hans und Vera Neumeyer sowie Max und Melly Wallach. Viele der vertriebenen Dachauer mit jüdischer Herkunft überlebten den Holocaust nicht.

Die ganze Woche steht in Dachau unter dem Zeichen des Gedenkens an die Opfer der Reichspogromnacht vor 85 Jahren, als die Nationalsozialisten anfingen, Juden in Deutschland und Europa systematisch zu vernichten und 11 000 jüdische Männer ins KZ Dachau sperrten. Die Stadt veranstaltet am Mittwoch, 8. November, um 19 Uhr eine Gedenkfeier, um an das Schicksal ihrer einstigen jüdischen Einwohner zu erinnern. Nachfahren der Familien Jaffé, Wallach und Neumeyer werden daran teilnehmen und über ihre Verwandten berichten. Auch Schülerinnen und Schüler des Josef-Effner-Gymnasiums beteiligen sich an der Gestaltung der Feier.

SZ PlusDachau
:Das Waisenkind, das überlebte

Frank Klaus Tittel verlor als Kind während der NS-Zeit fast seine ganze Familie. Nur seine Tante, die Dachauerin Johanna Jaffé, überlebte den Holocaust und brachte ihren Neffen nach dem Krieg nach Großbritannien.

Von Thomas Radlmaier

Am Donnerstag, 9. November, ab 11 Uhr putzen Schülerinnen und Schüler des Ignaz-Taschner-Gymnasiums die Stolpersteine, die in der Stadt Dachau an den früheren Wohnorten ermordeter Juden verlegt sind. Gästeführerin Brigitte Fiedler wird dabei deren Biografien skizzieren. Der Treffpunkt für den Rundgang ist am Ignaz-Taschner-Gymnasium. Das Dachauer Forum bittet Interessierte, sich unter Tel. 08131/99 68 80 anzumelden.

Seit 1952, also seit 71 Jahren, veranstaltet die Jugend des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Gedenkveranstaltungen im ehemaligen Konzentrationslager Dachau anlässlich der "Nacht der Schande". Das Motto lautet stets: "Erinnern heißt kämpfen". Es gelte, "gemeinsam gegen die Zunahme rassistischer und antisemitischer Hetze und rechter Gewalt einzustehen, denn sie sind nicht Teil des demokratischen Meinungsspektrums", so die DGB.

Bei der Gedenkfeier an diesem Sonntag, 12. November, wird Mirjam Zadoff, Direktorin des NS-Dokumentationszentrums München, die Gedenkrede halten. Die Veranstaltung beginnt um 13 Uhr. Anschließend, um 15 Uhr findet in der Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte ein ökumenischer Gottesdienst statt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusNationalsozialismus
:"Den Namen Wallach kennen viele, die Geschichte nicht"

Das Trachtengeschäft Wallach war einst das bekannteste Münchens. Bis die Nazis kamen. Jetzt wollen Amelia Rosenberg und Jamie Hall die Erinnerung an ihre Urgroßeltern wiederbeleben. Dafür sind sie zurückgekommen in die Stadt, die ihre Familie damals verraten hat.

Von Leonard Scharfenberg

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: