Dachau:Edeka zeigt sich gegenüber Bauern gesprächsbereit

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Im Streit um Forderungen an Milchviehhalter schlägt die Zentrale in Hamburg nun moderatere Töne an.

Von Robert Stocker, Dachau

Der Lebensmittelhändler Edeka schlägt im Streit um Anforderungen an Milchviehhalter moderatere Töne an. Das Unternehmen wolle keine einseitigen Vorgaben aufstellen, heißt es in einer Stellungnahme der Edeka-Zentrale in Hamburg. Es handle sich nicht um eine Forderung, sondern um eine Aufforderung, miteinander ins Gespräch zu kommen. Der Bauernverband kritisiert die von Edeka aufgelisteten Kriterien für Verbesserungen des Tierwohls scharf. Er sieht die Existenz kleiner Betriebe gefährdet, weil diese sich keine modernen Laufställe leisten könnten. Der Interessenverband der Landwirte erwägt deshalb einen Boykott-Aufruf für Edeka-Märkte.

In so idyllischer Umgebung wie im Zeitlbachtal in der Gemeinde Erdweg können sich diese Kühe ganz und gar ihrer Milchproduktion widmen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Dass das Unternehmen jetzt etwas zurückrudert, führt Anton Kreitmair auf eine mögliche Intervention von Edeka-Einzelhändlern zurück. Der Präsident des oberbayerischen Bauernverbandes will mit seinem Protest nicht die einzelnen, selbstständigen Händler treffen, sondern das genossenschaftliche Unternehmen. "Das gibt's in ganz Deutschland nicht, wie die mit Lieferanten und Erzeugern umgehen", ärgert sich der Bauernpräsident und CSU-Landtagsabgeordnete. "Dagegen ist Aldi Gold." Ein Einzelhändler, der mehrere Filialen betreibt, hat bei Kreitmair schon protestiert. Der Kaufmann befürchtet Umsatzrückgänge bei einem Boykott-Aufruf. Kreitmair entgegnete ihm, dass das Vorgehen von Edeka bei vielen Landwirten massiven Ärger ausgelöst habe. Darauf müsse er als Interessenvertreter reagieren. Der Bauernpräsident ist überzeugt davon, dass die Händler durchaus etwas bewegen können, wenn sie in der Edeka-Zentrale intervenieren. Kreitmair: "Wenn Filialleiter anrufen, reagieren die."

"Der kleine Soldat, der die Befehle des Generals ausführen muss"

Christian Huber betreibt einen Edeka-Markt in Vierkirchen. "Es gab eine Info über die Forderungen an den Bauernverband", sagt Huber. Er hat Zweifel, dass sich die großen Milchproduzenten an diese Vorgaben halten werden. Wie alle anderen Märkte in der Region fällt auch seiner in die Zuständigkeit von Edeka Südbayern in Gaimersheim bei Ingolstadt. Als selbstständiger Einzelhändler kann er über sein Sortiment mitbestimmen. Ausnahme sind frische Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Molkereiprodukte. Die Frischwaren kommen aus Gaimersheim. Der Direktvertrieb solcher Lebensmittel wurde vor 20 Jahren eingestellt. Auch in anderen Dingen sind die Einzelhändler weisungsgebunden. "Da sind wir wie der kleine Soldat, der die Befehle des Generals ausführen muss", so Huber. Das gilt auch für den Bezug der Molkereiprodukte. Zum genossenschaftlichen Unternehmensverbund Edeka Südbayern gehören etwa 1250 Verkaufsstellen. 1110 werden von selbstständigen Kaufleuten geführt. Die übrigen Märkte betreibt Edeka Südbayern über Tochtergesellschaften in Eigenregie. Deren Mitarbeiter sind Angestellte des Unternehmens.

Wie die Hamburger Edeka-Zentrale in ihrer Stellungnahme erklärt, will das Unternehmen mit den Lieferanten der Eigenmarken Verbesserungen beim Thema Tierwohl erreichen. Es wolle keine einseitigen Vorgaben aufstellen. Es gehe lediglich um eine Aufforderung, miteinander ins Gespräch zu kommen. Erste Gespräche mit Molkereien hätten bereits stattgefunden und würden in den kommenden Wochen fortgeführt. "Sollte diese Botschaft nicht bei allen Empfängern unseres Schreibens angekommen sein, dann bedauern wir dies und werden es selbstverständlich im persönlichen Kontakt richtigstellen", heißt es in der Stellungnahme. "Das bestätigt unser Vorgehen", kommentiert Kreitmair das Edeka-Schreiben. Mit den Forderungen an die Milchviehhalter, so die Befürchtung des Bauernverbands, sollen die kleinen Betriebe aus dem Markt gedrängt werden. Der Lebensmittelhändler fordert unter anderem die Haltung der Kühe in einem Liegeboxenlaufstall mit offener Front, eine Mindestfläche im Stall von neun Quadratmetern für jedes Tier, den Verzicht auf eine Enthornung der Kälber, eine Trächtigkeitsuntersuchung vor der Schlachtung der Tiere oder eine regelmäßige Klauenpflege. Kranke oder verletzte Tiere sollen separat untergebracht werden können. Außerdem fordert Edeka einen Betreuungsvertrag mit einem Tierarzt, tägliche Tierkontrollen mit Protokollen und die Teilnahme an Milchleistungsprüfungen.

© SZ vom 27.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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