Mitten in Dachau:Alles wie früher bei der Bahn

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Am Dachauer Bahnhof kommt man sich als S-Bahnpendler nahe, ob man will oder nicht. (Foto: Josef Mittl)

Während der Corona-Krise sind Bahnsteige menschenverlassen und S-Bahnen und Züge leer. Von wegen!

Kolumne von Thomas Radlmaier

Abends in der Tagesschau zeigen sie jetzt oft Szenen von menschenverlassenen Bahnsteigen, um den Shutdown eines Landes zu bebildern. Zu sehen ist das große Chaos, das sich in der Abwesenheit des gewohnten Chaos ausdrückt. Wo normalerweise Berufspendler genervt auf verspätete Züge warten, um sich später in die Waggons mit zu wenig Sitzplätzen zu quetschen, sieht der Zuschauer jetzt leere Bahnhöfe. Es ist ein bedrohliches Nichts, sogar ein Nullkommanullnichts. Wäre die Tagesschau ein Western-Streifen, würde der Wind einen staubtrockenen Busch über die Bahnsteige wehen.

Doch keine Panik! Auch in der Corona-Pandemie bleibt ein Mindestmaß an Normalität bestehen: Josef Mittl, Pendler aus Petershausen, berichtet, dass am Freitagmorgen auf der Zugstrecke zwischen Allach und Dachau das Signal gestört war. Es kam zu Zugausfällen und massiven Verspätungen im Berufsverkehr. "Daran ist man als Berufspendler gewöhnt", so Mittl.

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Doch was sich anschließend ereignete, muss man unter den derzeitigen Vorgaben schon fast als kriminell bezeichnen. In Dachau sollten Reisende den Regionalzug verlassen und auf die S-Bahn in Richtung München umsteigen. Der gebotenen Mindestabstand von eineinhalb Metern konnte nicht mehr eingehalten werden. Was auf Mittls Bildern zu sehen ist, gleicht viel mehr einer Großveranstaltung, wie sie bis zum 31. August in Deutschland verboten sind. Menschen stehen dicht beieinander und warten darauf, dass endlich eine S-Bahn einfährt. Doch laut Mittl war die bereitgestellte S-Bahn bereits in Dachau überfüllt. "Wie mag es dann in Karlsfeld und Allach ausgesehen haben?", fragt er. Sicher sei für ihn nur eines: "In dieser Situation hat sich keiner der Reisenden sicher gefühlt."

Auf die Bahn ist Verlass, in guten wie in schlechten Zeiten. Diese hat übrigens aktuelle "Informationen zu Corona" veröffentlicht. Darin heißt es: "Unsere dringende Empfehlung: Tragen Sie einen Mund-Nase-Schutz im öffentlichen Personennahverkehr und helfen Sie mit, sich und andere zu schützen."

© SZ vom 18.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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