Dachau:Widerstand gegen Deichpläne

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Die Amper fließt oft ruhig dahin. Doch sie kann auch zum reißenden Fluss werden. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Anwohner der Holzgartensiedlung sind verärgert über mögliche Maßnahmen zum Schutz vor einem Amper-Hochwasser. Die Stadt versucht zu beruhigen.

Von Julia Putzger, Dachau

Regelrechte Sturzbäche oder weitläufige Seenplatten auf den Fahrbahnen - die intensiven Regenfälle in der vergangenen Woche hatten es auch in Dachau in sich. Trotzdem, mit einem richtigen Hochwasser ließen sich diese Ereignisse zum Glück nicht vergleichen. Besonders bei den Anwohnern in den Bereichen Holzgarten und Im Lus in Dachau dürften die Bilder zum Beispiel aus Landshut großes Unbehagen hervorgerufen haben: Im Falle eines Hochwassers der Amper befänden sich ihre Häuser im Überschwemmungsgebiet. Nun befürchten sie, dass sich ihre Situation auch durch die geplanten Schutzmaßnahmen nicht verbessern, sondern sogar verschlimmern könnte.

Bereits im Herbst 2018 beauftragten die Stadt Dachau und das Wasserwirtschaftsamt München die Fachleute des Münchner Büros EDR mit der Planung von Hochwasserschutzmaßnahmen für den Bereich Holzgarten und Im Lus. Zuletzt präsentierte EDR-Planer Knud Kramer dem Umwelt- und Verkehrsausschuss Mitte April dieses Jahres einen Zwischenstand: Man habe drei verschiedene Varianten erarbeitet, sich aber bisher noch für keine davon final entschieden, da es jeweils einige Vor- und Nachteile aus ökologischer, wasserwirtschaftlicher und auch finanzieller Sicht abzuwägen gilt.

Die Anwohner sind "erstaunt und enttäuscht"

Variante A sieht einen bis zu 3,1 Meter hohen und circa 550 Meter langen Deich unmittelbar westlich der Holzgarten-Siedlung vor. Dadurch befänden sich die Gebäude im Lus weiterhin im Überschwemmungsgebiet, ein individueller Objektschutz wäre dort notwendig. Damit das Wasser aus der Amper überlaufen kann, müsste ein etwa 350 Meter langes Stück des bestehenden Amperdamms vor Beginn des Deiches abgetragen werden. Zur Entlastung bei extremen Hochwassersituationen wäre zudem ein Durchlassbauwerk im Deich angedacht, das bis zu 60 Kubikmeter Wasser pro Sekunde gesteuert abgeben kann. Variante B 1 besteht im Wesentlichen aus den gleichen Komponenten, gleichwohl befände sich der Deich westlich der Siedlung im Lus, wodurch diese geschützt wäre. Allerdings würde der Deich dann direkt durch die "ökologisch hochwertigen" Auwaldflächen führen, gab Kramer zu Bedenken. Deshalb entwickelten er und seine Kollegen eine weitere Alternative, die Variante B 2: Ein etwa 900 Meter langer Deich, der kurz vor der Amperbrücke beginnt, hauptsächlich über landwirtschaftliche Flächen und westlich der Siedlung Im Lus entlangführt. Ein Nachteil dabei: Das Restaurant "Alte Liebe" wäre nicht vor Hochwasser geschützt, sondern man müsste durch eine Mauer oder mobile Elemente weitere Maßnahmen setzen.

Auch aus finanzieller Sicht gibt es große Unterschiede zwischen den Varianten: Die teuerste Option wäre Variante A, eine grobe Kostenschätzung rechnet mit rund 1,6 Millionen Euro Baukosten. Mit dabei sind da schon 147 000 Euro für den individuellen Objektschutz Im Lus. Mit nicht ganz 1,4 Millionen Euro wäre jedoch auch die Variante B 2 insgesamt nicht wesentlich günstiger. Weniger als eine Million müssten Stadt und Wasserwirtschaftsamt nur aufbringen, wenn man sich für Variante B 1 entscheiden würde, diese kostet schätzungsweise 912 000 Euro.

Der Planungsprozess ist noch in einer frühen Phase

Für die betroffenen Anwohner steht jedenfalls eines schon jetzt fest: Variante A kommt für sie nicht in Frage. In einem offenen Brief an Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) und den Stadtrat, den 124 Betroffene unterzeichneten, werden auf knapp zwei A4-Seiten elf Punkte detailliert aufgelistet, die aus Sicht der Unterzeichner gegen die erste Variante sprechen. "Aus unserer Sicht ist diese Variante sowohl aus sachlichen, naturschutzfachlichen als auch aus wirtschaftlichen Gründen auszuschließen", heißt es in der Einleitung. Zudem seien die Anwohner "erstaunt und enttäuscht", dass sie bisher nicht informiert und einbezogen wurden.

In einer Pressemitteilung versuchte der OB, prompt zu beruhigen. Natürlich wolle man die Betroffenen miteinbeziehen und auch ihre Fragen beantworten, der Planungsprozess sei aber eben noch in einer "sehr frühen Phase", in der noch nichts feststehe. Demnächst sei eine Informationsveranstaltung geplant. Außerdem versicherte Hartmann, dass die Argumente und Belange der Anwohner in den Entscheidungsprozess einfließen werden - für ihn persönlich seien diese sogar sein Hauptentscheidungskriterium.

© SZ vom 05.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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