Ein guter Wirt muss schweigen können. Christian Salvermoser weiß das. 17 Jahre lang hat er das in seinem Café Gramsci in der Dachauer Altstadt gelebt - und doch ist sein Schweigen an diesem Montag stiller als sonst. Es ist düster in dem kleinen Lokal, eine schwere Melancholie wabert zwischen den weißgefliesten Wänden hin und her. Dort, wo auf Bugholzstühlen einst ein Liebhaberpublikum mit Ohren gespitzer Aufmerksamkeit internationaler Live-Musik lauschte, steht nur noch der Wirt mit müdem Blick am schmalen Ende des Tresens, apathisch greift seine Hand in die Pappkiste mit den Haferkeksen vor ihm. Er steckt sich eine Zigarette an, schenkt einen Whiskey ein. Er blickt auf das hölzerne Klavier auf dem rotem Teppich und sagt: "Die Mathilda ist gut versorgt." Dem geliebten Tasteninstrument hatte er einst die Beinverkleidung abmontiert, damit es lauter wurde - nun nimmt ein Freund es als Dauerleihgabe an sich, wenn das Café Gramsci schließt.
Kultur in Dachau:Katerstimmung am Metzgerhof
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Das Cafe Gramsci in der Dachauer Altstadt schließt, Wirt Christian Salvermoser ist wehmütig.
(Foto: Niels P. Jørgensen)Nicht nur das Café Gramsci wird zum Monatsende verrammelt, auch für die Kleine Altstadtgalerie sieht es düster aus. Wie die angebliche Künstlerstadt Dachau zwei subversive Orte dem Verfall preisgab.
Von Gregor Schiegl und Jessica Schober, Dachau
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