CSU:Die Kronprinzessinnenfrage

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Gerda Hasselfeldts Nachfolge scheint völlig offen zu sein. Doch Brucker und Dachauer beginnen bereits, über Personalien zu diskutieren.

Von Gerhard Eisenkolb und Wolfgang Eitler, Dachau

Wegen einer Indiskretion in Berlin hat sich die CSU-Bundestagsabgeordnete Gerda Hasselfeldt am Mittwoch geweigert, ihren Verzicht auf eine weitere Kandidatur zu kommentieren. Eigentlich hatte die 65-Jährige geplant, nach 26 Jahren Arbeit als direkt gewählte Wahlkreisabgeordnete für Dachau und Fürstenfeldbruck ihre Entscheidung am Mittwochabend auf der Bundestagswahlkreiskonferenz der CSU an der Basis offiziell bekannt zu geben. Es sollten also diejenigen, die sie in sieben Wahlkämpfen von einem Erfolg zum nächsten führten, als erste informiert werden. Hasselfeldt hatte in Berlin Parteivorsitzende in ihren Plan eingeweiht. Anscheinend missbrauchte jemand ihr Vertrauen.

In der CSU im Landkreis Dachau haben zwei Politiker den Verzicht bereits befürchtet. Landrat Stefan Löwl (CSU) teilte mit, dass er "in den vergangenen Wochen und Monaten mehrere Gespräche mit Gerda Hasselfeldt" hatte. Er habe von ihrem "inneren Kampf" mit der Frage, welche Entscheidung die richtige ist, gewusst. Der CSU-Kreisvorsitzende Bernhard Seidenath berichtet von einem Treffen, das vor ungefähr zwei Wochen zwischen ihm und der CSU-Landesgruppenchefin stattgefunden habe. Dabei habe Hasselfeldt ihm ihre Entscheidung mitgeteilt, nicht mehr kandidieren zu wollen. "Für mich überraschend", fügte er an.

Die Nachfolge ist völlig offen

Landrat Löwl und der CSU-Landtagsabgeordnete Seidenath sagten übereinstimmend, dass sie "in die Entscheidung jedoch nicht direkt" einbezogen gewesen seien. Löwl ergänzte: "Ich denke auch, dass diese ganz persönlich getroffen werden muss." Es sei in den letzten Monaten innerhalb der Partei schon einmal vorsichtig darüber diskutiert worden, wie es denn ohne Gerda Hasselfeldt weitergehen könnte. "Aber wir haben das Thema vertagt, auch im Respekt ihr gegenüber", sagte Löwl.

Die Frage ist nun, wie die Nachfolge geregelt wird. Nach SZ-Informationen sollte nämlich am Mittwochabend nach Hasselfeldts Begründung für ihren Schritt in der Wahlkreiskonferenz das Verfahren der Kandidatenfindung abgestimmt werden. Schließlich stehen die CSU-Kreisverbände der Landkreise Fürstenfeldbruck und Dachau, aus denen der Bundestagswahlkreis 216 besteht, nun vor einem Problem. Da die Nachfolge völlig offen ist und die Abstimmung zwischen den beiden Kreisverbänden das Risiko interner Auseinandersetzungen birgt, will sich die CSU vor den Personaldebatten zuerst darüber einigen, wie ein profilierter neuer Spitzenkandidat bestimmt werden soll, der auch an Hasselfeldts Erfolge anknüpfen kann. Weil es bei den Dachauer Delegierten Vorbehalte gegen die Mehrheit der dominierenden Fürstenfeldbrucker Delegierten gibt, ist Fingerspitzengefühl gefragt.

"Mair? Wer?"

So fordert die Dachauer CSU eine Diskussion, die gewährleisten soll, dass sich am Ende der beste Bewerber durchsetzt und nicht die Mehrheit der Brucker Delegierten nach dem Territorialprinzip entscheidet. Dass die CSU-Politikerin Katrin Mair aus Türkenfeld im Landkreis Fürstenfeldbruck schon als Nachfolgerin von Gerda Hasselfeldt gehandelt und offiziell als "Kronprinzessin" bezeichnet wird, erstaunt die Dachauer CSU. "Mair? Wer?", hieß es dazu von einigen Dachauern.

Bernhard Seidenath sagte dazu: "Eine Kronprinzessin oder einen Kronprinzen sehe ich bislang nicht - weder auf Fürstenfeldbrucker noch auf Dachauer Seite." Er kündigt an, sich "in nächster Zeit sicher einmal mit meinem Fürstenfeldbrucker CSU-Kreisvorsitzenden-Kollegen, Landrat Thomas Karmasin, zusammenzusetzen, vor allem, um das weitere Vorgehen zu besprechen". Fest stehe nur, dass die Nominierung noch in diesem Jahr stattfinden soll.

Ähnlich äußert sich Stefan Löwl: "Ich kenne Katrin Mair als engagierte und kompetente Kreisrätin, und auch aus diversen Parteiämtern." Über die konkrete Nachfolge sei in Dachau jedoch noch nicht gesprochen worden. Den Begriff "Kronprinzessin" halte er "aktuell zumindest für verfrüht". Außerdem kenne er die bundespolitischen Meinungen von Katrin Mair und auch deren Themensetzungen noch nicht.

Hasselfeldt hält viel von der 34-jährigen PR-Beraterin

Katrin Mair, CSU-Kreisrätin und Schatzmeisterin des CSU-Bezirksverbands Oberbayern, kandidierte bereits zweimal auf der Liste für den Bundestag. Das war 2009 und 2013. Die 34-jährige PR-Beraterin im Pharma-Bereich gilt deshalb auch als aussichtsreiche Bewerberin. Ihre Rolle umschreibt der Fürstenfeldbrucker CSU-Kreisvorsitzende Thomas Karmasin folgendermaßen: "Katrin Mair hat eine wichtige Funktion bei der Bewerbung." Das müsse aber nicht bedeuten, dass damit irgendetwas entschieden wäre. Mair gehört schon seit Längerem zur Riege der CSU-Nachwuchspolitiker mit Chancen auf eine politische Karriere. Allerdings gibt es intern auch Bedenken, weil sie versäumte, sich öffentlich zu profilieren.

Die Türkenfelderin verhielt sich am Mittwoch wie Hasselfeldt. Sie wollte sich vor der Bundeswahlkreiskonferenz nicht zu einer Kandidatur äußern. Hasselfeldt fördert Mair schon seit Längerem. "Dass ich von Katrin Mair viel halte, ist allgemein bekannt", sagte die CSU-Landesgruppenchefin bereits vor Jahren.

© SZ vom 07.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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