Altomünster:Ein Barockfest für den Star-Baumeister

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Die alleinige Verantwortung für den Bau der Kirche St. Alto und St. Birgitta hatte die Äbtissin Victoria Huber, die auch über die Raumgestaltung entschied. (Foto: Toni Heigl)

Das Jubiläumsjahr in Altomünster geht in die zweite Runde: Gefeiert wird der 250. Weihetag der Pfarrkirche - mit einer Ausstellung über Johann Michael Fischer und einem Fest, an dem sich mehr als 50 Vereine und die Partnergemeinde beteiligen.

Von Dorothea Friedrich, Altomünster

Man könnte es auch so sehen: Ohne Birgittenkloster gäbe es in Altomünster womöglich keine Kirche des großen Barockbaumeisters Johann Michael Fischer (1692- 1766) - beziehungsweise wäre sie damals nicht in ihrer ganz auf die Bedürfnisse des Ordens ausgerichteten Bauweise entstanden. Fischer selbst konnte die Vollendung des Rokoko-Gesamtkunstwerks zwar nicht mehr erleben. Doch heute ist sein Sakralbau nicht nur ein Glücksfall für die Marktgemeinde, sondern auch für am geistlichen Leben Interessierte sowie Kunst- und Kulturfreunde. Heuer wird sogar der 250. Weihetag (am 29. August 1773) der Kirche St. Alto und St. Birgitta gefeiert sowie der 650. Todestag (am 23. Juli 1373) der Ordensgründerin Birgitta von Schweden. Grund genug für Altomünster, gleich ein ganzes Festjahr auszurufen.

In der ersten Jahreshälfte stand die Europa-Heilige Birgitta im Mittelpunkt. Die Theatergruppe Altomünster würdigte sie mit dem großartigen Schauspiel "Prophetin am Scheideweg". Der Pfarrgemeinderat sowie zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer öffneten einige Räume des seit 2017 geschlossenen Kloster für zwei wahrhaft erlebnisreiche Tage.

Partnergemeinde und mehr als 50 Vereine beteiligen sich

Die zweite Jahreshälfte ist h dem Kirchenbauer Johann Michael Fischer und seiner Zeit gewidmet. Ein Höhepunkt dürfte das große Barockfest am Wochenende vom 30. September bis 1. Oktober werden. Mehr als 50 Vereine und Organisationen beteiligen sich daran, wie Bürgermeister Michael Reiter (FWG) kürzlich bei einem Pressegespräch sagte. Mit dabei sind auch die ungarische Partnergemeinde Nagyvenyim sowie das Weingut Biedermannhof aus dem Südtiroler Tscherms, das bis 1637 Wein an das Birgittenkloster geliefert hatte.

Nach dem Festzug soll sich von der Bahnhofstraße bis zum Klostergelände an beiden Tagen ein buntes Marktreiben entfalten, so Reiter. Gut möglich, dass dabei auch die im Festjahr genähten historischen Gewänder zum Einsatz kommen und barocke Tänze vorgeführt werden. Ende Juli soll der Flyer mit dem Programm erscheinen, einschließlich der Standplätze für diverse Aktionen und Angebote.

Zahlreiche Führungen

Außerdem werden beim Barockfest Kirchen- und Klosterführungen angeboten, auch das Klostermuseum ist geöffnet: Dort zeigt der Museums- und Heimatverein Altomünster neben der Dauerausstellung zum Leben der Ordensfrauen - den Männerkonvent gibt es seit der Säkularisation im Jahr 1803 nicht mehr - eine Sonderausstellung über das Leben und Wirken Birgittas (bis 24. September). Seit Kurzem ist dort auch die Wanderausstellung "Johann Michael Fischer - vier Kirchen in historischen Fotografien" geöffnet, wobei der Fokus auf Fischers letztem Bau liegt, eben der Altomünsterer Pfarr- und Klosterkirche. Die Ausstellung ist noch bis 29. Oktober zu sehen.

Entstanden ist die Schau mit großformatigen historischen Fotos in Zusammenarbeit mit der Johann-Michael-Fischer-Gesellschaft Burglengenfeld, dem Geburtsort Fischers. Zu sehen sind eindrückliche Fotos von seinen Bauwerken, wie St. Michael im Münchner Stadtteil Berg am Laim, die im Zweiten Weltkrieg stark zerstörte und 1950 abgebrochene Augustiner-Kirche in Ingolstadt, die Klosterkirche St. Marinus und Arianus in Rott am Inn und eben St. Alto und St. Birgitta in Altomünster. Sie umfassen einen Zeitraum von mehr als hundert Jahren und dokumentieren, wie sich Fischer den örtlichen Gegebenheiten und vor allem den Wünschen der jeweiligen Ordensoberen angepasst hat.

Im Altomünsterer Doppelkloster waren das seinerzeit Prior Simon Böck und Äbtissin Victoria Huber. Letztere trug entsprechend den Ordensregeln die alleinige Verantwortung für den Bau und dessen Finanzierung. So ist nach den strengen Vorgaben der Ordensgründerin auch die dramatische, an Theaterlogen erinnernde Raumgestaltung der Kirche entstanden - mit dem Gemeinderaum im Parterre, dem Mönchschor im ersten und dem Nonnenchor im zweiten Obergeschoss.

Der Museumsverein Altomünster präsentiert seine Ausstellung zum Architekten der Klosterkirche, Johann Michael Fischer. Von links: Wilhelm Liebhart, Margit Berwing-Wittl, Franz Peter, Ernst Singer und Christina Schawinger. (Foto: Niels P. Jørgensen/Niels P. Jørgensen)
Die Konstruktionsdetails des Kirchendachstuhls kann man im Modell betrachten. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Historische Fotografien runden die Ausstellung ab. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Ausstellung zeigt nicht nur die kunsthistorische Bedeutung dieser prachtstrotzenden, verspielten Rokoko-Ausstattung, sondern auch, wie aufwendig Renovierungen und Sanierungen waren und sind, die möglichst den Originalzustand wiederherstellen wollen. Man könne die noch existierenden Gotteshäuser von Fischer heute "authentischer und in besserem Zustand erleben als zur Entstehungszeit der hier gezeigten historischen Aufnahmen", heißt es im Ausstellungskatalog.

Dieses Ringen um den sogenannten Originalzustand erfordert allerdings einen hohen Preis, zumal "mit einer Restaurierung niemals der Originalzustand wiederhergestellt werden kann", wie die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung schreibt. Jedoch wird bei den Bemühungen um Authentizität häufig ausgeblendet, dass auch Übermalungen oder An- und Umbauten architekturgeschichtliche Zeugnisse der Vergangenheit sind - und deshalb von hohem Wert sein können.

Weitere Informationen zum Festjahr finden sich unter www.altomuenster.de/freizeit-kultur/feste-und-maerkte/festjahr-2023 .

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