Gesellschaftsspiele:Diese sechs Spiele vertreiben die Corona-Langeweile

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Fässer umrollen, Vögel erkunden, Begriffe finden oder Werwölfe vertreiben: Sechs prämierte oder bewährte Spiele, die allein, zu zweit und in der Familie begeistern.

Von Isabell Schirra

"Flügelschlag" ersetzt einen naturkundlichen Spaziergang

Je länger sich diese Corona-Krise noch hinziehen wird und je länger man deswegen zu Hause sitzt und Brettspiele spielt, desto entwickelter werden die Spielfähigkeiten, desto höher die Ansprüche. Dann wird es Zeit für ein sogenanntes Kennerspiel, ja, auch das gibt es. "Flügelschlag" wurde zum Kennerspiel des Jahres 2019 gekürt. Dabei steht die Vogelkunde im Mittelpunkt dieses thematischen Optimier-Spiels. Spielfläche ist ein Sumpf-, Wasser- und Waldgebiet. Die verschiedenen Vogelarten sollen in Form von Spielkarten auf die eigenen Felder gelockt werden. Dort muss man sie dann mit Nahrung versorgen, sie zum Brüten animieren. Welche Umgebung der Vogel mag, was er gerne frisst, das leitet sich von der Realität ab. So kann dieses Spiel auch den ein oder anderen naturkundlichen Spaziergang ersetzen.

"Flügelschlag" überzeugt durch seine plastische Aufmachung. Gewürfelt wird mittels eines Vogelhäuschens, das Brüten der Vögel wird nicht etwa durch Chips, sondern durch kleine Plastik-Eier symbolisiert. Da so eine Partie schon einmal eine gute Stunde in Anspruch nehmen kann, ist das Spiel genau das Richtige für Nachmittage, die einfach nicht enden wollen. Ein zehnminütiges Regelvideo von "Better Board Games" gibt es unter www.feuerland-spiele.de/spiele/fluegelschlag.php.

"Tal der Wikinger" ist das Kinderspiel des Jahres 2019

Autoren: Wilfried und Marie Fort, Verlag: Haba, Spieleranzahl: 2 bis 4 Spieler, Altersangabe: ab 6, Einstieg: mittel, Dauer des Spiels: ca. 20 Minuten (Foto: Verlag)

Seit dem Ausruf des Katastrophenfalles ist für Kinder der nachmittägliche Besuch auf dem Spielplatz Geschichte. Gut, dass es Spiele gibt, die die Abenteuer der Spielplätze ein Stück weit auf den Wohnzimmertisch holen. So etwa "Tal der Wikinger", das Kinderspiel des Jahres 2019. Ausgangspunkt ist eine schöne, allerdings nicht zu komplizierte Hintergrundgeschichte: Die Wikinger veranstalten im Dorf ein Kegelfest. Riesige Fässer sollen umgeworfen werden. Die Farbe der umgeworfenen Fässer bestimmt dabei, welche Spielfigur auf dem Steg vorrücken muss - und wie schnell diese somit ins Wasser fallen wird. Gleichzeitig gibt es die Möglichkeit, Goldmünzen von denjenigen zu stehlen, die sowieso schon im Wasser gelandet sind.

Durch seine Kurzweiligkeit ist bei "Tal der Wikinger" allerdings kein Platz für Neid und Missgunst. Es kann emotional zugehen, ja, aber der Abenteuerfaktor steht zweifelsohne im Mittelpunkt. Das Spiel überzeugt vor allem durch seine Haptik. So müssen die Kinder tatsächlich kleine Fässer umkegeln, das Spielbrett mit Dorf und dem darum führenden Steg ist liebevoll ausgestaltet. Die Goldmünzen werden in kleinen, plastischen Schiffen gelagert. "Tal der Wikinger" ist sicherlich kein leises Spiel. Dafür aber eine gute Alternative für die gestrichenen Outdoor-Aktivitäten.

"Black Stories" sucht die Vorgeschichte tödlicher Ausgänge

Wem das jetzt alles angesichts der doch sehr ernsten Lage irgendwie zu spaßig ist, der ist vielleicht mit dem Kartenspiel "Black Stories" gut bedient. Es steckt schon im Namen, hier geht es um das Dunkle, um morbide Geschichten, kombiniert mit einer gehörigen Portion Sarkasmus und schwarzem Humor. Ziel ist es, anhand einer kurzen Szenenbeschreibung durch den Spielleiter die Hintergründe der meist zum Tode führenden Geschichten zu erraten. Dabei dürfen nur Fragen gestellt werden, die keine unbegründeten Annahmen enthalten und die mit "ja" oder "nein" zu beantworten sind. Dabei kann es ganz schön lange dauern, um von Beschreibungen wie: "Ein Mann stieg aus einem großen Fahrzeug und nahm sich das Leben" zur Hintergrund-Geschichte zu kommen: "Der Mann war Landwirt und fuhr seinen Mähdrescher in das Maisfeld, in dem seine Kinder unerlaubt Verstecken spielten. Als die Maschine stockte und er erkannte, dass er seine Kinder überfahren hatte, nahm er sich das Leben." Manchmal ist es aber auch schier unmöglich, die Geschichte zu hanebüchen. Mit der Zeit wird man allerdings besser und besser, passt sich der Absurdität des Spiels an. Aber das müssen wir gerade ja auch im echten Leben tun.

"Just One" ringt mit Assoziationen um den richtigen Begriff

Autoren: Ludovic Roudy und Bruno Sautter, Verlag: Repos Production, Spieleranzahl: 3 bis 7 Spieler, Altersangabe: ab 8, Einstieg: leicht, Dauer des Spiels: ca. 20 Minuten (Foto: N/A)

"Just One", das Spiel des Jahres 2019, rückt die Suche nach den passenden Worten in den Mittelpunkt. Das Ringen um die richtigen Worte führt hier allerdings zu freudiger Verzweiflung. Nur ein Wort wird gesucht, der Ratende hat dazu nur einen Versuch, die Mitspieler dürfen zur Hilfe nur jeweils ein einziges Wort, ihre Assoziation zum Begriff, notieren. Hinweise wie "Krankheit", "Quarantäne", "Virus", "Pandemie" und auch "Bier" könnten beispielsweise aktuell problemlos zum gesuchten Begriff "Corona" führen. Das wäre allerdings der Idealfall. Denn allzu oft kommt es gerade unter Familienmitgliedern oder engen Freunden dazu, dass alle die gleiche Assoziation zum gesuchten Wort notieren, was es dann für den Ratenden natürlich ungleich schwerer macht. Oder aber, dass gerade die offensichtlichste Assoziation nicht notiert wird. So kann es auch passieren, dass etwa das Wort "Rose" gesucht wird, aber niemand "Blume" notiert. "Just One" ist nicht nur ein Spiel für Wortakrobaten, sondern dank seiner Niedrigschwelligkeit auch für Wort-Muffel geeignet. Und: Je länger so eine "Just One"-Runde geht, umso mehr spielt sich die Gruppe aufeinander ein. Eine Art Teambildungs-Maßnahme in Krisenzeiten also.

Bei "Werwörter" wehren sich Dorfbewohner gegen Werwölfe

Mit "Werwörter" war ein weiteres Spiel unter den Nominierten zum besten Spiel des Jahres 2019, bei dem es um die Suche nach dem richtigen Wort geht. Bei "Werwörter" ist diese Suche allerdings in eine Hintergrund-Geschichte eingebettet. Das Dorf wird von Werwölfen bedroht. Durch ein Zauberwort lassen diese sich in die Flucht schlagen. Der Bürgermeister kennt dieses Wort, um es ebenfalls zu erfahren, stellen die Dorfbewohner ihm daher Ja-/Nein-Fragen. "Ist es groß?" oder "Kann man es essen?" etwa. Doch unter die Dorfbewohner haben sich auch andere Gestalten gemischt: Die Seherin kennt das Zauberwort ebenfalls und versucht mit ihren Fragen, die übrigen Mitspieler in die richtige Richtung zu lenken. Aber auch ein Werwolf sitzt da mit in der Runde und will die Dorfbewohner mit seinen Fragen auf Abwege locken. Der Witz dabei ist, dass die Rollen ausgelost werden und geheim bleiben. So ist es das Ziel des Spiels, nicht nur, das Zauberwort zu erraten, sondern auch die geheimen Rollen aufzudecken. Die Spielzeit pro Runde ist auf fünf Minuten begrenzt. Das macht "Werwölfe" zur perfekten Notfall-Maßnahme, falls die Stimmung im Hause schon am Frühstückstisch ihren ersten Tagestiefpunkt erreicht.

"Solitaire" ist das älteste Brettspiel für nur eine Person

Diejenigen, die sich aktuell in Solo-Quarantäne befinden, hat es besonders hart getroffen. Für diese Menschen mutet es aktuell wahrscheinlich wie der Hauptgewinn an, gemeinsam mit der Familie eingesperrt zu sein, statt quälende, langweilige Stunden mit sich alleine zu verbringen. Doch auch hier gibt es Rettung: Und zwar das Spiel "Solitaire", nicht das einzige, wohl aber älteste Brettspiel für eine Person. "Solitaire", gelegentlich auch Einsiedlerspiel genannt, ist zwar kein preisgekröntes Spiel, soll angeblich aber schon am Hofe es Sonnenkönigs im 17. Jahrhundert gespielt worden sein - erstmals taucht es 1697 auf einem Kupferstich von Claude-Auguste Berey auf. Was sich über so viele Jahrhunderte gehalten hat, kann also nur gut sein. Auf dem kreuzförmigen "Solitaire"-Spielfeld gibt es 33 Felder, es sind allerdings nur 32 mit Spielsteinen bestückt. Pro Sprung darf genau ein Spielstein übersprungen werden, der somit "gelöscht", also entfernt wird. Ziel ist es, dass genau ein einziger Spielstein in der Mitte des Feldes übrigbleibt. Und damit das gelingt, braucht es viele, viele Anläufe, Geschick, Strategie und Denkvermögen. "Solitaire" ist also eher so etwas wie ein langwieriges Projekt, als eine schnelle Zwischendurch-Nummer.

© SZ vom 19.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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