Kultur:Filmfest München wird wegen Corona-Krise abgesagt

Lesezeit: 2 min

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Die 38. Ausgabe des Filmfests München fällt wegen der Corona-Krise aus.
  • Gegen eine Verschiebung sprechen laut Festivalleiterin der volle Festivalkalender im Herbst und die unsicheren Prognosen hinsichtlich der aktuellen Situation.
  • "Wir werden alles dafür tun, dass sie ohne soziale Härten durch diese Zeit kommen", sagt CSU-Politiker Manuel Pretzl.

Von Bernhard Blöchl, München

Noch vor ein paar Wochen schien der Termin haltbar zu sein. Ende Juni, da müsse doch der schlimmste Corona-Spuk vorüber sein, so dachten viele. Zunächst mussten sowieso die anderen reagieren, die Kollegen in Cannes zum Beispiel oder die Freunde vom Dok-Fest München. Beide Kinofestivals sollten im Mai stattfinden. Sollten.

Inzwischen ist klar, dass die Franzosen mit einer Verschiebung in den Spätsommer hinein liebäugeln (eine fragwürdige Hoffnung), während Daniel Sponsel an einer Online-Variante seines bundesweit relevanten Dokumentarfilm-Fests arbeitet. Beide Optionen kamen für das Filmfest München nicht infrage. Die 38. Ausgabe der nach der Berlinale bedeutendsten Filmschau Deutschlands fällt aus. Darauf haben sich Team, Gesellschafter und Partner geeinigt.

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Wegen des Coronavirus sollte das Dokumentarfilmfestival eigentlich abgesagt werden. Nun haben Daniel Sponsel und sein Team einen Ausweg gefunden: Aus dem Kino- wird ein Heimkino-Festival.

Von Bernhard Blöchl

"Dass es nicht anders geht, als das Filmfest München dieses Jahr abzusagen, bedrückt mich sehr", ließ die Festivalleiterin Diana Iljine am Montag mitteilen. "Mein Team und ich haben schon mit viel Liebe und Herzblut an der Edition 2020 gearbeitet und zahlreiche Teilprojekte schon weit vorangetrieben. Aber wir sind nach vielen Gesprächen mit Branchenvertretern, Filmschaffenden, Politikern und Virologen gemeinsam mit unserem Aufsichtsrat zu dem Schluss gekommen, dass alle anderen Szenarien nicht verantwortungsvoll oder schlicht nicht realisierbar sind."

Gegen eine Verschiebung sprechen laut Iljine der volle Festivalkalender im Herbst (Locarno, Venedig, Toronto), der Mehraufwand sowie die vagen Prognosen im Hinblick auf die Corona-Situation. Eine Verwandlung in ein Online-Festival sei zwar verlockend und modern, in diesem Fall aber nicht leicht umzusetzen. "Das fängt an bei den Rechten für das Streaming von Filmen, die zum Teil ihre Welturaufführung auf dem Festival haben sollten", erklärte die Leiterin und wies auch auf die technischen Herausforderungen hin.

Was das Aus für bereits eingetütete Programmpunkte bedeutet, ist zum Teil noch unklar. Wie aus Filmfest-Kreisen zu erfahren war, können einige Filme oder ganze Retrospektiven möglicherweise in die Ausgabe 2021 geschoben werden. Andere Beiträge könnten auf anderen Festivals oder auf Streaming-Plattformen laufen. Die 2019 auf dem Filmfest installierte Erlebnisschau "Virtual Worlds" soll dagegen auf den Spätherbst verschoben, also herausgelöst werden aus dem Filmfest-Kosmos. Dies teilten die Leiterin Astrid Kahmke und ihr Team ebenfalls am Montag mit.

"Alle anderen Szenarien sind nicht verantwortungsvoll oder schlicht nicht realisierbar", sagt Diana Iljine, Direktorin des Filmfest München. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Bedauern und Verständnis für die vernunftgesteuerte Filmfest-Absage drückten Digitalministerin Judith Gerlach, Münchens Kulturreferent Anton Biebl und Bürgermeister Manuel Pretzl aus. Gerlach, die Aufsichtsratsvorsitzende der Internationalen Münchner Filmwochen GmbH, kündigte Hilfe für die Betroffenen an. "Das Filmfest München unterstützen wir nachhaltig, so dass Lösungen für alle Mitarbeiter gefunden und das Kernteam weiterbeschäftigt werden kann."

Auch Pretzl betonte: "Wir werden alles dafür tun, dass sie ohne soziale Härten durch diese Zeit kommen." Iljine äußerte sich ähnlich, sagte aber: "Es wird nicht ohne Einschnitte gehen." Konkret heißt das: Es wird Kündigungen geben, Kurzarbeit ist nicht vorgesehen.

Auch für die Stadt dürften die Auswirkungen spürbar sein. Das Filmfest lockte im vergangenen Jahr 70 000 Besucher an, Stars aus aller Welt, darunter Antonio Banderas, Ralph Fiennes und Bong Joon Ho, verliehen München etwas von dem Glanz, den sich Markus Söder dauerhaft für das Festival wünscht. 2018 hatte der Ministerpräsident angekündigt, bis zu drei Millionen Euro zusätzlich pro Jahr locker zu machen. Sein Ziel: ein modernes Medienfestival mit internationaler Strahlkraft. Mindestens Berlinale, besser noch Cannes.

Unter der Absage zu leiden haben auch die Hotels und Restaurants, die Filmemacher und Schauspieler, die Verleiher und Veranstaltungsfirmen. Und nicht zuletzt die ohnehin durch Streaming-Konkurrenz und Pachtirrsinn gebeutelten Kinos. Ein Digitalfestival, wie es das Dok-Fest werden soll, hilft den Betreibern nicht weiter. Auch das war für Iljine ein Argument gegen die Variante. "Wir glauben an die Begegnung von Menschen, und dafür brauchen wir als Festival die Kinos."

© SZ vom 07.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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