Der Jazzgesang an sich lässt sich inzwischen schwer neu erfinden. Umso entscheidender für Sängerinnen und Sänger, die eigene Persönlichkeit in die Waagschale zu werfen. Bei Karoline Weidt sind es vor allem die Details, die Achtsamkeit, die den Unterschied ausmachen. Das zeigt das gerade erschienene (und am Samstag, 27. Mai, in der Unterfahrt präsentierte), rundum gelungene Debütalbum der 27-Jährigen aus Brandenburg, die mit 15 den Jazz entdeckte und dann in Dresden unter anderen bei Céline Rudolph und Esther Kaiser studierte. 2018 bis 2020 saß sie im Bundes-Jazzorchester (BuJazzo), das auch zum Katalysator ihrer aktuellen Projekte wurde.
Da wäre das Duo aMuse mit dem Sänger Kilian Sladek aus München, wo Weidt inzwischen auch lebt. Und eben ihr Dresdner Karoline Weidt Quartet mit Bassistin Loreen Sima, Drummer Valentin Steinle und Pianist Mikolaj Suchanek, das sich jetzt als Volume 98 in der Jazzthing-CD-Reihe "Next Generation" präsentieren darf. Und sich von den vielen anderen durch die Feinheiten absetzt. Schon beim Artwork, das die Band wie vieles bis hin zum Booking mitbestimmt und -gestaltet, hier die spektakulären Kostüme der Stylistin Jennifer Milleder, von der Fotografin Marlene Rahmann extravagant in Szene gesetzt.
Musikalisch kann man schon im Latin-inspirierten Opener "Inviting" die Liebe zum Detail bewundern: Beim Hintergrund-Chorgesang der Band, bei Weidts Phrasierungen, die ihre Stimme für einen winzigen Augenblick sich überschlagen oder eine unerwartete Zerlegung oder Dynamik einstreuen lassen. Oder das als Glanzlicht eingestreute Vibrafon vom Gaststar Christopher Dell.
Genau so subtil ausgearbeitet und im Großen wie im Kleinen überzeugend sind die anderen, bis auf den Kurt-Weill-Standard "Speak Low" alle selbst komponierten und getexteten Songs. 2020 war sicher kein ideales Jahr für eine Bandgründung. Trotzdem hat das Karoline Weidt Quartet seither schon drei wichtige Preise gewonnen. Und wie das Album beweist, sind die vier angetreten, um zu bleiben.
Caroline Weidt Quartet: "Inviting", Challenge Records; live am Sa., 27. Mai, 20.30 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstraße 42, www.unterfahrt.de