"They'll never know, what it means to steal, to cheat, to lie...", singt Bruce Springsteen, den seine Fans den "Boss" nennen. Zwei- bis dreihundert dieser Fans aus München wissen seit Sonntagabend, was es bedeutet, belogen und betrogen zu werden. Sie sind - auf Zweithandelsplattformen im Internet - auf die Verkäufer nur scheinbar echter Tickets hereingefallen. Während drinnen im Stadion ihr "Boss" sang, mussten sie draußen bleiben. Der Konzertveranstalter hat nach eigenen Angaben Anzeige erstattet.
"Es gab viele Fake-Karten!" schrieben User nach dem Konzert an die SZ. "Über 100 Menschen kamen nicht rein." Die Firma Live Nation, der Veranstalter des Rockkonzerts bestätigt das - und konkretisiert: Die "Größenordnung lag zwischen 200 und 300 Tickets", so Pressesprecherin Katharina Wenisch. Wenn so etwas vorkomme, werde grundsätzlich die Polizei eingeschaltet.
Auch aus Wien wurde Ähnliches berichtet. Eine Frage von Angebot und Nachfrage sei das bei derartigen Großereignissen, so die Live-Nation-Sprecherin: "Je höher die Begehrlichkeit, umso eher das Risiko, dass Personen über den Zweitmarkt kaufen, wenn es bei den offiziellen Anbietern keine Tickets mehr gibt." Trotz mehrfacher Hinweise von Seiten der Veranstalter, welches Risiko man eingehe, wenn man über den Zweitmarkt Tickets kaufe, gebe es immer wieder Personen, die diesen Weg wählten.
Das basiere wohl auch auf Gutgläubigkeit, vermutet die Sprecherin. Ihr Rat: Grundsätzlich sollte jeder Fan, der ein Livekonzert besuchen möchte, sich an offizielle Ticketplattformen halten - "und lieber auf die nächste Tournee warten, wenn man bei den offiziellen Stellen kein Ticket erwerben kann".
Die städtische München Ticket GmbH - einer dieser offiziellen Anbieter - hat sich einer Kampagne gegen den Kartenzweitmarkt ("Schwarzmarkt") angeschlossen. Ein anderer Anbieter, Eventim, warnt auf seiner Homepage sogar ausdrücklich vor gefälschten Tickets, die auf dem Schwarzmarkt angeboten werden. Echte Eintrittskarten hätten zahlreiche Sicherheitsmerkmale. Die Plattform Ticketmaster, die zum Live-Nation-Konzern gehört, ermöglicht auf ihrer eigenen Seite den Wiederverkauf von Karten durch Fans an Fans: "Im Gegensatz zu fremden Zweitmarkt-Plattformen kannst du dir sicher sein, dass das angebotene Ticket echt ist", heißt es dort.
Wer auf dem Zweitmarkt bis zu 500 Euro für sein Ticket bezahlt und Springsteen dann doch nur unter den Bäumen des Olympiaparks stehend aus weiter Ferne hören konnte, dem dürfte eine weitere Zeile aus dem Song "Prove it all night" durch den Kopf gegangen sein: "Triff mich auf den Feldern", singt da der Boss. Und: "Du hörst die Stimmen, die dir sagen, du sollst nicht gehen."