Filmgespräch:Wurzelbehandlung

Die eigene Mutter, das unbekannte Wesen: Szene aus Melanie Lischkers biografischer Spurensuche. (Foto: Melanie Lischker /Koberstein Film)

Wie wenig man oft über die eigene Familie weiß, zeigt der bewegende Dokumentarfilm "Bilder (m)einer Mutter". Im Monopol-Kino gibt es ein Gespräch mit der Regisseurin Melanie Lischker.

Von Anna Steinbauer

Was muss mit einer Frau passiert sein, dass sie keine Rolle mehr in der Familie spielt? Diese Frage stellt sich die Filmemacherin Melanie Lischker und begibt sich auf die Suche nach ihrer Mutter, die früh aus der Familie verschwand. Die Regisseurin verwebt viele Stunden Videomaterial aus dem Archiv des Vaters und die Tagebuchnotizen ihrer Mutter zu einer biografischen Annäherung an die Frau, die ihr einst das Leben schenkte. Wer war die junge Frau aus Schongau, die es allzu eilig hatte, ihre bayerische Heimat zu verlassen und sich in die Ehe mit ihrem damaligen Schulfreund nach Düsseldorf flüchtete? Schongau symbolisierte für Lischkers Mutter die provinzielle Enge und war unmittelbar mit den autoritären Eltern verknüpft, die sie nicht an der Kunstakademie in München studieren lassen. Doch auch später wurde sie nicht glücklich: Ihre Vorstellung von Freiheit passte nicht zum Leben als Ehefrau und Mutter von zwei Kindern. Ein Schicksalsschlag entfremdete Lischkers Mutter ihrer Familie mehr und mehr.

Entstanden ist ein bewegender, mutiger und trauriger Film über den tragischen Weg einer Frau, die an den starren Rollenvorstellungen der Zeit zerbricht. Eingebettet in den historischen Kontext der Emanzipationsbestrebungen bekommt diese individuelle Lebensgeschichte eine schmerzhafte Allgemeingültigkeit. Das Private erweist sich als enorm politisch.

Bilder (m)einer Mutter, Regie: Melanie Lischker, Mittwoch, 1. Dezember, 18.30 Uhr, Monopol-Kino, im Anschluss Filmgespräch mit der Regisseurin, Karten unter www.monopol-kino.de

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