Mehrere Hundert Mal hat ein Arzt aus München ohne medizinischen Grund Cannabis verschrieben - nun ist seine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof (BGH) habe die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen, soweit sie sich auf den Schuld- und Strafausspruch bezog, teilte das Gericht am Mittwoch in Karlsruhe mit.
Das Landgericht München I hatte den Mann im Februar 2022 unter anderem wegen des unerlaubten gewerbsmäßigen Verschreibens von Betäubungsmitteln in 539 Fällen und des Besitzes einer Pistole verurteilt. Auf die Idee war der Arzt dem Urteil zufolge durch eine Gesetzesänderung im März 2017 gekommen. Sie erlaubt das Verschreiben von Cannabis, wenn eine Untersuchung ergibt, dass die Anwendung des Mittels aus ärztlicher Sicht geeignet und erforderlich ist.
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Nach Überzeugung des Gerichts stellte der Münchner die Rezepte aber ohne vorherige Untersuchung aus und verlangte dafür jeweils zwischen 60 und 150 Euro in bar. Unter dem Deckmantel seiner ärztlichen Zulassung habe er beschlossen, Handel mit Marihuana zu betreiben. Die Praxis des Mannes sei für "eine Untersuchung und ordnungsgemäße Diagnosestellung" aber gar nicht ausgestattet gewesen. Nicht einmal eine Liege habe sich darin befunden, wie der Anwalt des Angeklagten im Prozess einräumte.
Stattdessen nutzte der Mediziner verschiedene Münchner Cafés und Restaurants für seine Tätigkeit. Dort reservierte er einen Tisch und ließ nach und nach seine Patienten herantreten, um ihnen gegen Barzahlung die Privatrezepte auszuhändigen. Wenn ein Patient nicht bezahlen konnte, habe er vor dessen Augen das Rezept zerrissen, hielt der Vorsitzende Richter am Landgericht dem Angeklagten in der Verhandlung vor. Auch auf Cannabis-Messen trat der Mann als spezialisierter Arzt auf und akquirierte dort neue Kunden.
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Der BGH stellte das Verfahren nun in Teilen ein, sodass am Ende nur noch 455 Fälle des unerlaubten Verschreibens übrig blieben, dazu der vorsätzliche Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe und der Besitz von Betäubungsmitteln. Der Ausspruch über die Gesamtstrafe habe aber Bestand, befand das Karlsruher Gericht.
Das im Urteil verhängte Berufsverbot dagegen hob der 1. Strafsenat auf. Der Mann habe freiwillig auf seine Approbation verzichtet, hieß es. Zudem wurde die Summe gesenkt, die der 69-Jährige durch die Taten verdient haben soll - statt 47 700 Euro werden nach BGH-Angaben nur 43 110 Euro als Taterträge eingezogen. Die Pistole ließ der Mann widerstandslos einziehen.