Anschlag von München:Ein Umdenken, das viel zu spät kommt

Am 22. Juli 2016 tötete der 18-jährige David S. am Olympia-Einkaufszentrum in München neun Menschen - und anschließend sich selbst. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Bis das Attentat am Münchner Olympia-Einkaufszentrum als rassistisch motiviert eingestuft wurde, hat es ganze drei Jahre gedauert. Das ist schlimm. Denn es gibt Parallelen zum Anschlag von Halle.

Kommentar von Ronen Steinke

Es hat drei Jahre gedauert, bis das bayerische Landeskriminalamt den Anschlag eines Mannes, der andere mit "Heil Hitler" grüßte und sagte, er wolle "ein paar Kanaken abknallen", als rechtsextrem eingestuft hat. Es hat drei Jahre gedauert, bis das Landeskriminalamt den Münchner Neunfach-Mörder, der im Juli 2016 gezielt auf migrantische Jugendliche feuerte und seinem letzten, aus Kosovo stammenden Opfer sogar noch zurief: "Ich bin kein Kanake, ich bin Deutscher", als rassistisch motiviert eingestuft hat. Warum? Weil der Täter auch persönliche, psychische Probleme hatte.

Drei vertane Jahre. Das ist das Schlimme. Es gibt bei dem Münchner Anschlag Gemeinsamkeiten zu Halle, wo vor zwei Wochen ein Rechtsextremer versucht hat, in die Synagoge einzudringen. Schon in München war der Täter im analogen Leben isoliert, online aber in rechten Gruppen aktiv, zum Beispiel auf der Gaming-Plattform "Steam", wo er auch gegen Juden und Israel gehetzt haben soll. "He did it. Neo Ger fucking did it", jubelte ein User, der sich "Ivan Der Judenjäger" nannte, nachdem er von dem Anschlag am Olympia-Einkaufszentrum gehört hatte. Zu deutsch: Er hat es getan.

Schon München hätte ein Weckruf sein müssen für die Gefahr allein handelnder, rechter Attentäter, die sich in Onlinegruppen radikalisieren. Schon damals hätten die Ermittler in Plattformen wie Steam gehen müssen, um frühzeitig auf Attentäter wie den von Halle zu kommen.

© SZ vom 26.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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