Amy Winehouse:Was am Ende bleibt

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Sängerin Bronte Shande lässt Erinnerungen an die große Amy Winehouse wach werden. (Foto: © New Star Management GmbH)

Gepunktetes Kleid und Blumenkranz statt Beehieve-Frisur und schwarzer Eyeliner: Eine Show mit ihrer Original-Band erinnert an Amy Winehouse und zeigt, dass die Kraft ihrer Musik immer noch mitreißt.

Von Julie Bäßler

Mit Efeu bewachsenes, altes Gemäuer. Langsam füllt sich der mit weißen Zelten überdachte Serenadenhof in Nürnberg. Die meisten im Publikum sind über 40 Jahre alt. Die Sängerin strahlt im schwarz gepunkteten Kleid. Mit der Liedzeile "All I can ever be to you is a darkness that we know" eröffnet Bronte Shande das Konzert. Das Besondere: Kaum einer kennt die britische Sängerin im Scheinwerferlicht der Bühne. Den Song "Tears Dry" von 2006, den sie singt, kennt jedoch wohl jeder der hier Anwesenden. Was als schüchternes Kopfnicken startet, mündet spätestens mit "Back to Black" in eine Tanzveranstaltung.

Schließt man die Augen und lauscht allein der Musik, könnte man meinen, es sei der 24. Oktober 2007. Man befindet sich in der Muffathalle München und wird Zeuge der etwas wackeligen Darbietung einer damals 24 Jahre alten Amy Winehouse. Mit geöffneten Augen fallen dann doch ein paar Unterschiede auf. So hat der Alkohol beispielsweise seinen Konsumenten gewechselt. Die Front-Frau trinkt vorbildlich Wasser aus einer Plastikflasche, wohingegen Amys Original-Band rund um Bassist Dale Davis an Wein und Bier nippt.

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Am 11. September findet im Deutschen Theater in München das Hommage-Konzert "Forever Amy 2023" statt. In knapp zwei Stunden werden Amys Songs als Neuinterpretationen von Sängerin Bronte Shande und Amys alter Band aufgeführt. Neben ihrem ehemaligen Bassisten und langjährigen Freund Dale Davis stehen auch Hawi Gondwe (Gitarre), Nathan Allen (Schlagzeug) und Henry Collins (Trompete) auf der Bühne. Zusammen widmen sie der verstorbenen Künstlerin eine gesamte Tribute-Tour.

Das Bild, das sich den Anwesenden der "Forever Amy Show" in Nürnberg offenbart, erinnert in keinster Weise an den eigentlich traurigen Anlass der Tribute-Tour. Vor zwölf Jahren, am 23. Juli 2011, schloss sich Amy dem "Club 27" an. Wie Kurt Cobain, Jim Morrison, Janis Joplin und Jimi Hendrix starb auch Amy Jade Winehouse im Alter von 27 Jahren. In ihrem Fall an den Folgen einer Alkoholvergiftung.

Gitarrist Hawi Gondwe spielte seinerzeit schon mit Amy Winehouse. (Foto: Alfons Postma)

Nach 16 Jahren kommt Amys unvergessene Musik zurück nach München. 2007 verschlug es die Künstlerin zweimal in die Landeshauptstadt. Einmal im Zuge der MTV Europe Music Awards in die Olympiahalle und das andere Mal im Zuge ihrer Tournee in die Muffathalle. Liest man alte Konzertkritiken, lassen schon die Titel "Knast! Doch Amy kommt nach München" oder "Ruine der Großartigkeit" auf den Inhalt schließen. "Erschütternd" und "großartig" so wird Amys Zustand beschrieben.

Einerseits litt die Britin seit ihrer Jugend an Depressionen und einer Essstörung. Der weltweite Ruhm, die Alkohol- und Drogeneskapaden schadeten der psychischen Gesundheit zusätzlich. Sie taumelt über die Bühne, vergisst ihre eigenen Texte, klammert sich an ihrem Mikrophonständer fest, oder kratzt sich kontinuierlich die Arme. Auf der anderen Seite ist da ihre gewaltige Musik, die Menschen vielleicht genau deswegen berührt, weil hinter ihr ein nahbarer Mensch mit Problemen und nicht eine vollkommene und scheinbar unfehlbare Kunstfigur steht.

Zwei Alben nahm die in einem Vorort von London geborene Künstlerin zu Lebzeiten auf. Nach dem Debutalbum "Frank" (2003) gelang ihr 2006 mit dem zweiten Studioalbum "Back To Black" international der Durchbruch. Noch heute, zwölf Jahre nach ihrem Tod, erreicht die Britin monatlich 14,8 Millionen Hörer und Hörerinnen auf Spotify.

Unverkennbarer Sound, unverkennbarer Look: Amy Winehouse 2007 in Chicago. (Foto: Jared Milgrim/imago/The Photo Access)

Und Amy war nicht die einzige Musikbegeisterte in der Familie: 2010 ermutigte sie ihren Vater Mitch, sein erstes Album "Rush of Love" aufzunehmen. 2021 folgte Mitchs zweite Album "Swinging Cole Porter" - das eine erstaunliche Verbindung zu Bayern hat. Eingespielt wurde es mit der aus Fürth stammenden Thilo Wolf Bigband. Der 1967 geborene Namensgeber Thilo Wolf wurde durch das Buch "Amy, My Daughter" auf Mitch aufmerksam. In Zusammenarbeit entstand ein in Bayern aufgenommenes und in London gemastertes 14 Songs langes Album, das die Werke des Komponisten Cole Porter neu interpretiert.

Auch wenn seinerzeit Amys desolate Verfassung in der Presse ausgebreitet wurde, tieferes Mitgefühl für ihre psychischen Probleme suchte man vergebens - auch wenn ihre Bulimie, die ihren Körper von Tag zu Tag schwächer machte, ein offenes Geheimnis war. Um dem mangelnden gesellschaftlichen Verständnis für psychische Krankheiten ein Stück weit entgegenzuwirken, gründeten Amys Eltern Mitch und Janis am 14. September 2011, dem Tag, an dem Amy 28 Jahre alt geworden wäre, die "Amy Winehouse Foundation".

Die wohltätige Stiftung, die hauptsächlich in Großbritannien und Wales agiert und sich mit den Themen Musik und Sucht beschäftigt, kümmert sich mit diversen Projekten um Kinder und junge Erwachsene. Beispielsweise wird eine Musiktherapie für Kinder in Hospizen angeboten. Des Weiteren wird Jugendlichen geholfen, Wege zu finden, um mit Druck und anderen Problemen umzugehen. Lösungen helfen, selbstzerstörerisches Verhalten zu vermeiden. Hinter dem Namen "Amy's Place" verbirgt sich ein Programm, das junge Frauen dabei unterstützt, Alkohol- und Drogenmissbrauch zu überwinden. Denn Amy war zwar einerseits die tragische Heldin ihres eigenen Lebens, andererseits war sie aber auch eine der bedeutendsten Musikerinnen der Pop-Geschichte, Inspiration für Künstlerinnen wie Adele oder Lady Gaga, fünffache Grammy-Gewinnerin, Freundin, Tochter.

"Forever Amy Tour 2023", 11. September 2023, Beginn 19.30 Uhr, Deutsches Theater , Schwanthalerstr. 13, 80336 München

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