Fahrradklimatest des ADFC:Radfahren in der Stadt: München bekommt nur eine Vier

Lesezeit: 3 min

1500 Radwegkilometer sollen bis 2030 in Bayern neu entstehen. An der ein oder anderen Stelle könnten auch Autospuren dem Zweirad Platz machen. (Foto: Lennart Preiss/dpa)

Besonders unzufrieden sind die Umfrage-Teilnehmer mit der mangelhaften Kontrolle von Falschparkern und der Breite der Radwege. In welchen Punkten die Stadt außerdem nicht gut abschneidet.

Von Andreas Schubert

Am Sonntag waren etwa 18 000 Menschen mit dem Rad auf Münchens Straßen unterwegs, um ein Zeichen für eine bessere Rad-Infrastruktur zu setzen. Jetzt, einen Tag später, hat der Fahrradklub ADFC wieder die Ergebnisse des Fahrradklimatests 2022 veröffentlicht. Bei dieser Umfrage werden alle zwei Jahre verschiedene Aspekte rund ums Radeln abgefragt. Die Teilnehmer können dabei Schulnoten vergeben.

In München hat sich das Fahrradklima, wie schon seit zehn Jahren, nicht verbessert. Noch immer kommt die Stadt auf die Note "ausreichend". Sie kam vergangenes Jahr mit einem Durchschnitt von 3,9 sogar ein wenig schlechter weg als noch 2020, als der Schnitt bei 3,8 gelegen hatte. Und bei der Frage, ob Radeln Spaß macht, gibt es auch nur ein "ausreichend".

Der Fahrradklimatest ist eine bundesweite Umfrage, die vom Bundesverkehrsministerium gefördert wird. Vergangenen Herbst wurden in mehr als 1000 Kommunen, unterteilt nach Größe, 27 Aspekte der Sicherheit und des Fahrkomforts abgefragt.

Und in den großen Städten sehen die Teilnehmer der Umfrage, wie seit 2012, erhöhten Handlungsbedarf. München fällt unter den 14 deutschen Städten mit mehr als 500 000 Einwohnern von Platz vier auf Platz fünf zurück, hinter Bremen (3,57), Frankfurt (3,61), Hannover (3,63) und Leipzig (3,84). Im bayerischen Vergleich liegt die Landeshauptstadt aber vor Nürnberg, das mit der Note 4,16 abschloss. Augsburg kommt als einzige bayerische Stadt mit 200 000 bis 500 000 Einwohnern auf die Note 3,99.

Unter den fünf bayerischen Städten mit 100 000 bis 200 000 Einwohnern schafft es Erlangen mit 3,24 auf Platz eins. Die schlechteste Wertung Bayerns bekam Passau in der Kategorie bis 100 000 Bewohner mit einer Note von 4,45, was gerade noch als ausreichend durchgeht.

Unzufriedenheit mit mangelnder Kontrolle der Falschparker auf Radwegen

In München haben sich 3914 Menschen an der Erhebung des ADFC beteiligt. Am besten fanden die Münchner erneut das Angebot an öffentlichen Leihrädern, das sie mit der Note 2,5 bewerteten, also gerade noch "gut". Ebenso auf 2,5 kommt das Angebot an Einbahnstraßen, die für Räder in der Gegenrichtung geöffnet sind.

Die nächstbeste Note ist dann schon eine 2,9 für die Fragestellung, ob junge wie alte Menschen gleichermaßen sicher durch die Stadt kommen. Die Erreichbarkeit des Stadtzentrums ist ebenso allemal befriedigend (3,1). Laut dem Münchner ADFC-Vorsitzenden Andreas Schön kann das auch damit zusammenhängen, dass 2016 der Marienplatz für den Radverkehr gesperrt wurde. Denn seit diesem Jahr sind die Noten in den Umfragen schlechter geworden.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Auch die Radförderung kommt in jüngster Zeit nur noch ausreichend (3,7) weg. Diese Entwicklung ist auffällig: 2020 hatte dieser Punkt einen Sprung von 4,2 auf 3,3 gemacht, jetzt ist die Zufriedenheit wieder gesunken. "Das liegt vielleicht an den Erwartungen der Menschen, die nicht erfüllt wurden", mutmaßt Schön.

Ebenso nur ausreichend sind unter anderem der Winterdienst, die Akzeptanz als Verkehrsteilnehmer, das Sicherheitsgefühl, die Hindernisse auf Radwegen und - ganz knapp noch - die Führung an Baustellen und das Fahren im Mischverkehr.

Als mangelhaft werden die Konflikte mit Kfz bewertet (4,7), die Ampelschaltungen für Radler (4,8), die Fahrradmitnahme im öffentlichen Nahverkehr (4,8) sowie die Kontrolle der Falschparker auf Radwegen und die Breite der Radwege (beides 5,0). Auf letzteren zum Beispiel bemängeln die allermeisten Teilnehmer, dass ein sicheres Überholen kaum oder nur schwer möglich ist.

Zwölf Prozent des Altstadt-Radlrings sind gebaut

Auch wenn die Ergebnisse für München wenig schmeichelhaft aussehen, heißt das nicht, dass die Stadt in den vergangenen Jahren untätig war. Das Mobilitätsreferat verweist darauf, dass derzeit knapp zwölf Prozent des Altstadt-Radlrings gebaut, weitere knapp 20 Prozent in Planung seien. Es werde bereits an weiteren Beschlussvorlagen gearbeitet.

Auch die Umsetzung des Radentscheids sei in Arbeit. Der Stadtrat habe fünf Maßnahmenbündel verabschiedet, drei Einzelprojekte seien beschlossen und in der Umsetzung, bei acht Projekten sei bereits die Öffentlichkeit beteiligt worden, weitere 25 Projekte seien noch in Planung.

Dem ADFC freilich geht die Verbesserung der Infrastruktur zu langsam voran, wie der Verein zu betonen nicht müde wird. "Beim Radverkehr hat die Stadt große Ziele", sagt Schön, "doch die Umsetzung ist enttäuschend." Von den 59 Radwegen, die rund um den Radentscheid München bereits beschlossen worden seien, sei noch kein einziger gebaut worden, für nur drei sei der Bau beauftragt. Niemand verstehe, warum bei vielen Vorhaben nicht längst der Umbau beschlossen sei. "Die Radfahrenden vermissen hier Transparenz."

Dazu freilich hat sich die Stadtverwaltung auch schon wiederholt geäußert: Es mangelt schlicht an der Kapazität für die schnelle Umsetzung dieser Menge an Vorhaben. Und dann dauern Planungs-, Beteiligungs- und Genehmigungsprozesse mitunter relativ lang.

Dass sich dazu im ganzen Freistaat rascher etwas tut, ist auch ein wesentliches Ziel des Radentscheids Bayern, für den am Wochenende so viele Menschen in die Pedale getreten sind.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusKriminalfall in München
:Was geschah wirklich im Penthouse?

2006 wird die vermögende Witwe Charlotte Böhringer in München ermordet. Verurteilt wird ihr Neffe, doch war er wirklich der Mörder? Benedikt T. bestreitet die Tat bis heute. Nun ist er frei - und kämpft weiter für eine Wiederaufnahme.

Von Joachim Mölter

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: