Profil:Anna Schudt

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Anna Schudt als Kommissarin Martina Bönisch. (Foto: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Thomas/WDR/Bavaria Fiction GmbH/Thomas)

Die Schauspielerin war "Tatort"-Kommissarin - und ließ nun ihre Figur überraschend sterben.

Von Christine Dössel

Für "Tatort"-Fans war der Sonntagabend ein Schock: Die Dortmunder Hauptkommissarin Martina Bönisch wurde beim Finale in einem leer stehenden Bestattungsinstitut niedergeschossen und starb in den Armen ihres Kollegen Peter Faber. Damit war nicht zu rechnen. Selbst, als der Schuss schon gefallen war, dachte man, Bönisch würde überleben. Aber nein. Am Ende ging die Kamera mit Faber zurück in den schrecklichen Kachelraum, um sich von der Toten zu verabschieden, und das war bitter und endgültig. Erst jetzt war klar, dass die Schauspielerin Anna Schudt aus ihrer Rolle aussteigen würde.

Bönischs "Tatort"-Exitus ist umso frappierender, als sich zwischen der selbstbewussten blonden Kommissarin und ihrem verkorksten Kollegen Faber (Jörg Hartmann) zuletzt sehr schön eine verhaltene Liebesgeschichte entwickelt hatte, die in der aktuellen Folge in einem Kuss kulminierte. 9,7 Millionen Menschen hatten eingeschaltet. Hinterher ging eine Welle der Trauer und des Entsetzens durch die sozialen Medien; und der WDR veröffentlichte vorbereitete Stellungnahmen, in denen Anna Schudt zum Beispiel sagt, dass es nach zehn Jahren und 22 Einsätzen für sie an der Zeit sei, "Raum für Neues" entstehen zu lassen, ja, sich als Schauspielerin "zu häuten". Das hat die 47-Jährige in ihrer Karriere schon öfters getan. Es bekam ihr immer gut.

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"Wenn man sich nicht bewegt, bleibt man stehen", sagte Schudt schon 1999, als sie ihr festes Engagement bei Dieter Dorn an den Münchner Kammerspielen verließ. Dorn hatte die begabte Schauspielerin vom Bodensee direkt von der Otto-Falckenberg-Schule an sein Haus engagiert. 1994 war das, da war Schudt 19 Jahre alt. Mit 17 hatte sie das Gymnasium abgebrochen und ihre Heimatstadt Konstanz verlassen, um in München Schauspielerin zu werden, in der Gewissheit, dass das Theater ihre Bestimmung sei.

Frauen sind stark, wenn Anna Schudt sie spielt

Etwas von dieser Trotzigkeit und Kraft verlieh sie damals schon ihren Figuren. Frauen sind stark, wenn Schudt sie spielt. Dass sie jung einen Sohn bekam, war damals in der Theaterbranche ungewöhnlich. Es hat sie nicht aus der beruflichen Bahn geworfen. Nach einem wenig erfolgreichen Ausflug an die Berliner Schaubühne um die Jahrtausendwende kehrte Schudt 2001 nach München zu Dieter Dorn zurück, diesmal ans Bayerische Staatsschauspiel, wo sie leuchtete. Sie war die Luise in "Kabale und Liebe" und spielte die Maria Stuart. Bei Amélie Niermeyer am Schauspielhaus Düsseldorf war sie 2010 auch Tolstois Anna Karenina. Nach Düsseldorf zog sie, weil ihr Mann, der Schauspieler Moritz Führmann, dort arbeitete. Mit ihm hat sie zwei weitere Söhne.

Die immer noch etwas unterforderte Schauspielerin hat gerade einen Lauf

Schon bevor Schudt 2012 die Rolle im Dortmunder "Tatort" übernahm, war sie in etlichen Fernsehkrimis zu sehen - im "Polizeiruf", in Lars Beckers "Nachtschicht"-Reihe und eine Staffel lang auch in der ZDF-Serie "Der Kriminalist" mit Christian Berkel, wo sie schnell wieder ausstieg: wegen Unterforderung. In der Rolle der Ermittlerin Bönisch hatte sie dann endlich Gelegenheit, ihre Stärke auch im Fernsehen zu beweisen. Im Dortmunder Vierer-Team wurde sie, taff und tonangebend, gleichzeitig verständnisvoll und zugewandt, zur eigentlichen Chefin. Ihr Alleinstellungsmerkmal unter allen einsamen "Tatort"-Kommissarinnen war aber vor allem die selbstbestimmte Verwaltung ihrer Libido. So bestellte sich Bönisch schon mal Callboys ins Hotel und war Dauergast in Dating-Foren.

Man wird sich mehr um den Dortmunder "Tatort" sorgen müssen als um Anna Schudt. Die womöglich immer noch etwas unterforderte Schauspielerin hat gerade einen Lauf. Für ihre Darstellung der Komikerin Gaby Köster in deren verfilmter Autobiografie "Ein Schnupfen hätte auch gereicht" erhielt sie 2018 in New York den International Emmy Award als beste Hauptdarstellerin. 2019 kam für "Aufbruch in die Freiheit" der Deutsche Fernsehpreis samt Goldener Kamera hinzu. Schudt kann sich die Rollenangebote gerade aussuchen. Sie wird es richtig machen.

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