Italien:Kinder des Duce

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Faschistische Schlägertrupps auf den Straßen Roms: Die äußerste Rechte testet, wie weit sie gehen kann - und könnte sich dabei verheben, wenn der Staat entschlossen reagiert.

Von Oliver Meiler

Italien hat ein Problem mit dem Faschismus, so pauschal lässt sich das sagen. Die an einen Guerillakrieg erinnernden Szenen am Wochenende in Rom waren dafür nur eine weitere Illustration. Da haben Hunderte Neofaschisten von der Forza Nuova eine Protestkundgebung der Gegner des Covidzertifikats gekapert und Gewalt über die Stadt gebracht. Mit der Abneigung gegen den "Green Pass", der am Freitag für alle italienischen Angestellten zur Pflicht wird, hat das fast gar nichts zu tun. Dieser Protest ist legitim - und klein: Mehr als achtzig Prozent der Italienerinnen und Italiener über zwölf Jahre sind nämlich doppelt geimpft, manche von ihnen auch wegen der Ausweitung der Zertifikatspflicht. "No Pass" ist ein Randphänomen.

Das Problem ist diese trübe und banalisierte Welt der Faschisten, mit oder ohne Präfix - sie müsste endlich ernst genommen werden. Und jetzt wäre ein guter Moment dafür. Forza Nuova ist eine kleine außerparlamentarische Partei, stimmenmäßig völlig irrelevant. Bei Wahlen schaffen es die Neofaschisten nie auch nur auf ein Prozent. Doch obschon sie offen den Faschismus verherrlichen, mit Gesten und Sprüchen aus der Zeit des Duce, der Italien 1922 bis 1943 eine brutale Diktatur und ein fatales Bündnis mit Hitlerdeutschland bescherte, lässt man sie einfach machen.

Mehr noch: In der derzeit wohl konsensstärksten Partei im Land, bei den postfaschistischen Fratelli d'Italia, tummeln sich viele Leute, die dem "neo-" viel näher sind als dem "post-". Die Chefin der Partei, Giorgia Meloni, brachte es wieder nicht über sich, den Faschismus beim Namen zu nennen. Auch der Populist Matteo Salvini von der rechten Lega tut sich immer schwer damit. Darum ist es keine schlechte Idee, wenn die Sozialdemokraten nun einen Antrag im Parlament eingebracht haben, in dem es darum geht, ob Forza Nuova und andere verfassungswidrige Parteien aufgelöst werden sollen. Das zwingt die stillen Dulder in der italienischen Rechten, sich endlich zu bekennen - so oder so.

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