Wer heutzutage Minijobber ist, der rangiert in der Arbeitswelt meist weit unten. Der Stundenlohn ist niedrig und die soziale Sicherung löchrig, allzu oft fehlt ein starker Kündigungsschutz. Das, was im Amtsdeutsch "geringfügig entlohnte Beschäftigung" heißt, spiegelt die Wahrnehmung vieler Frauen und Männer unter der 450-Euro-Schwelle wider: Man wird als geringfügig angesehen in jeder Hinsicht, im Notfall als verzichtbar. In der Corona-Krise sind Minijobber oft als Erstes gefeuert worden.
Die prekäre Lage vieler Minijobber hat nun eine Datenauswertung im Auftrag der Linken im Bundestag beleuchtet. So muss zum Beispiel fast jeder fünfte mit der Unsicherheit eines befristeten Vertrages leben. Die Probleme, die sich daraus ergeben, sind unübersehbar. Die rot-grün-gelbe Koalition plant dennoch eine Ausweitung der Minijobs bis zur Schwelle von 520 Euro. Die Ampel-Partner steuern hier in die falsche Richtung.
Mit den Minijobs verbanden sich einmal große Hoffnungen. Im Zuge der Hartz-Reformen Anfang der 2000er-Jahre erweiterte die damalige rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder die Möglichkeiten für die Betriebe. Die Teilzeitstellen mit geringeren Sozialabgaben sollten Arbeitslosen die Rückkehr in den Beruf erleichtern. Der Minijob war dabei als Einstieg gedacht für einen Vollzeitjob mit den üblichen sozialen Absicherungen. Diese Hoffnungen aber haben sich nicht erfüllt.
Auf Kosten der Allgemeinheit
Mittlerweile ist es vielmehr so, dass Minijobber Beschäftigte auf regulären, sozialversicherten Stellen verdrängen. Das ist kein von linken Ideologen in die Welt gesetztes Gerücht, das sagt das renommierte Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Dessen Fachleute stellten vor Kurzem fest, dass allein in kleinen Betrieben Minijobber bereits bis zu 500 000 sozialversicherungspflichtige Stellen ersetzt haben. Unschöner Nebeneffekt: In Kleinbetrieben ist auch der Kündigungsschutz schwächer als in großen. Wollen die Ampel-Koalitionäre diese Entwicklung wirklich verstärken?
Minijobs sind nicht durchweg Teufelszeug. Es gibt durchaus Gruppen, bei denen sie ihre Berechtigung haben, vor allem bei Schülern, Studierenden und Rentnern. Sie brauchen keine zusätzliche soziale Absicherung durch den Minijob, sie verdienen sich etwas zu Rente oder Bafög hinzu - oder schnuppern in die Berufswelt hinein.
Jenseits von Alt und Jung aber zeigt sich: Minijobs sind ein Modell auf Kosten der Allgemeinheit. Das Prinzip brutto für netto ist zwar verführerisch für Beschäftigte und verspricht den leicht verdienten Euro. Aber es ist kurzsichtig. Wenn Minijobber arbeitslos werden, dann fängt sie nicht die Arbeitslosenversicherung auf, in die sie zuvor selbst eingezahlt haben, sondern die Grundsicherung und damit die Gemeinschaft der Steuerzahler. Wenn Minijobber im Alter arm sind, weil sie nur kümmerliche Rentenansprüche erworben haben, sind sie ebenfalls auf Hilfe vom Staat angewiesen, es muss also wieder die Allgemeinheit aufkommen.
Alternativen zum Regelwerk der Minijobs gibt es durchaus. Etwa eine Ausweitung der sogenannten Midijobs, bei denen die Sozialabgaben mit dem Einkommen langsam ansteigen. Es könnte ein Modell sein, das für Minijobber und Betriebe attraktiv ist, den schädlichen Trend zu immer mehr prekären Stellen aber bricht.