Landtagswahl Schleswig-Holstein:Gute Chancen für eine Zweier-Koalition

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In knapp drei Wochen wählt Schleswig-Holstein einen neuen Landtag. Seit vier Jahren regiert dort eine Jamaika-Koalition mit CDU-Ministerpräsident Daniel Günther an der Spitze. (Foto: Ulrich Perrey/dpa)

Die CDU hat im Land zwischen den Meeren an Profil gewonnen und könnte bald allein mit den Grünen regieren. Ein Spaziergang aber wird das nicht.

Kommentar von Peter Burghardt

Im deutschen Norden tut sich die CDU schwer, in Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern regiert die SPD. Schleswig-Holstein allerdings erlebte vor vier Jahren eine verblüffende Wende: Es gewann der vormalige Oppositionsführer Daniel Günther, damals Außenseiter. Er schaffte es danach sogar, seine Union mit den Grünen und der FDP zu verbünden, die Grünen waren dabei sehr beweglich. Die sogenannte Küstenkoalition von SPD, Grünen und der dänisch-friesischen Minderheit SSW wurde ersetzt von Jamaika. Und jetzt?

Vier Jahre später ist Daniel Günther der populärste Politiker im Bundesland zwischen den Meeren und hat beste Chancen, auch nach der Landtagswahl am 8. Mai Ministerpräsident zu bleiben. Er zählt zu den beliebtesten Regierungschefs in Deutschland, laut Umfragen sind drei Viertel der Wählerinnen und Wähler mit seinem schwarz-grün-gelben Experiment zufrieden. Günther könnte dem CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz nach dem Desaster im Saarland einen angenehmen Abend bescheren. Das ist auch insofern beachtlich, als der Jamaikaner Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Stil deutlicher näher war als deren Widersacher Merz.

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Der unscheinbare Konservative Günther legte eine beachtliche Wandlung hin

Günther passte sich an, der vormals blasse Konservative wurde zum smarten Vermittler, eine bemerkenswerte Verwandlung. Er brachte trotz mancher Meinungsverschiedenheit Grüne und Liberale zusammen, was im Bund seinerzeit quälend misslang. Die Suche nach Kompromissen ist auch in Kiel kompliziert bis ermüdend, doch das Trio versteht sich nicht schlecht. Ohnehin kennt man sich in der überschaubaren Politlandschaft an Nordsee und Ostsee, das erleichtert solche Manöver. Die großen Duelle scheinen an der Förde fürs Erste vorbei zu sein.

Die Alphatiere Ralf Stegner, Wolfgang Kubicki und Robert Habeck sind in den Bundestag oder die Bundesregierung umgezogen. Schleswig-Holsteins Jamaika ist ein Gegenmodell zur Ampel des Hamburger SPD-Kanzlers Olaf Scholz. Allerdings könnten die Tage der nordischen Dreisamkeit trotzdem gezählt sein.

Es sieht so aus, als würde es diesmal sogar für Schwarz-Grün reichen, ohne FDP. Sehr theoretisch möglich und deutlich weniger wahrscheinlich ist eine Ampel, also mit FDP und ohne CDU, je nach Ergebnis angeführt vom SPD-Bewerber Thomas Losse-Müller oder der Grünen-Frau Monika Heinold. Dann wäre der mutmaßliche Wahlsieger Günther am Ende der Verlierer, doch das sind nur Zahlenspiele. Jedenfalls werden die Grünen vermutlich noch wichtiger als bisher.

Eine neue Zweisamkeit erfordert Kompromissfähigkeit

Ihre Spitzenkandidatin Heinold kennt als Finanzministerin Bündnisse mit CDU und SPD. Die CDU war ihr zuletzt lieber, weil weniger dominant. Und wenn die FDP nicht mehr gebraucht würde, dann täten sich die Grünen leichter. Auf so eine Zweisamkeit müssten sich beide aber einlassen: Vor allem beim Bau von mehr Windrädern hatte Günthers CDU gebremst, gegen LNG-Terminals waren zumindest bis vor Kurzem Schleswig-Holsteins Landesgrüne.

Mobilität, Energie, Umwelt, Schule, Kitas, Wohnen, Löhne. Das sind Themen in Wahlkampf, dazu kommt im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine die Debatte um Krieg, Waffen und Flüchtlinge, um Spritpreise und Gasversorgung. Bei den Alternativen Windkraft, Flüssig-Erdgas und Wasserstoff spielen die windigen Küsten eine wesentliche Rolle. Ein Ministerpräsident Günther müsste im Falle von Schwarz-Grün auf Klimawandel und Verkehrswende mehr Rücksicht nehmen als auf Abstandsregeln und Friedrich Merz.

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