Terror:Ein Signal gegen Antisemitismus

Terror: Er brachte es bei der Bundeswehr weit: der Angeklagte Franco A.

Er brachte es bei der Bundeswehr weit: der Angeklagte Franco A.

(Foto: Boris Roessler/dpa)

Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik hat ein Gericht einen aktiven Offizier als Terroristen verurteilt. Die Bundeswehr muss nun ihre Lehren ziehen.

Kommentar von Annette Ramelsberger

Wie reagiert die Bundeswehr darauf, wenn einer ihrer Elitesoldaten eine Masterarbeit schreibt, in der er mal eben das Hirngespinst der jüdischen Weltverschwörung belegen will? Sie entlässt ihn nicht, sie degradiert ihn nicht. Sie redet ihm nur ins Gewissen und lässt ihn eine neue Arbeit schreiben. Sein Weg bei der Bundeswehr: weiter bergauf. Das war schon das erste falsche Signal.

Als der junge Mann dann Offizier ist, hat er an seinem Standort so wenig zu tun, dass er sich eine zweite Existenz als syrischer Flüchtling zulegt, um quasi investigativ Missstände im Asylsystem aufzudecken. Seinen Vorgesetzten fällt das nicht auf. Und die anderen Offiziere? Sie decken ihn.

Und als dieser Mann dann vor Gericht steht, angeklagt, einen Terroranschlag auf Politiker geplant zu haben, was machen seine Kameraden? Sie mauern als Zeugen vor Gericht, haben noch nie etwas Antisemitisches oder Rechtsradikales von ihm gehört und halten das Gericht zum Narren. Ein paar Wochen später kommt heraus, dass einer dieser ahnungslosen Zeugen für den Angeklagten Naziorden gebunkert hat. Der Zeuge tut genau in dem Jägerbataillon 291 Dienst, in dem die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen 2017 ein "Haltungsproblem" der Bundeswehr moniert hatte. Damals waren alle über sie hergefallen. Sitzt man im Prozess gegen Franco A., denkt man: zu Unrecht.

Nun ist der Offizier Franco A. wegen der Planung eines Terroranschlags zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Es ist ein außergewöhnliches Urteil: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik hat ein Gericht einen aktiven Offizier als Terroristen verurteilt und für Jahre ins Gefängnis geschickt. Das Gericht hat damit auch seinen Kameraden signalisiert, worum es geht: Steht ihr für die Demokratie ein oder kämpft ihr gegen sie?

Die Armee braucht Bürger in Uniform, keine mit einer Uniform verkleideten Demokratiefeinde

Dieser Prozess hat Abgründe offenbart: eine Kameraderie unter Offizieren, welche die Demokratie infrage stellen und sich für den Tag X rüsten mit von der Bundeswehr abgezweigten, im Keller gehorteten Waffen. Die zusammenhalten und schweigen, komme, was da wolle. Die Netzwerke bilden, die sehr schnell aktiviert werden können. Der Angeklagte hat es vorgezogen, lieber länger in Haft zu gehen, als preiszugeben, wo und bei wem er seine Waffen versteckt hat - die er dann später, nach der Haft, wieder an sich nehmen kann. Sein Netzwerk funktioniert. Ein beunruhigender Gedanke.

Eigentlich wollte das Gericht das Verfahren gegen Franco A. gar nicht eröffnen, erst der Bundesgerichtshof verpflichtete es dazu. Dann aber hat sich Franco A. im Gerichtssaal decouvriert. Er hat auf Verständnis gehofft, weil er so schöne Worte machen konnte. Er wollte mit dem Gericht über seine abstruse Weltsicht diskutieren. Aber da hat das Gericht nicht mitgemacht.

In diesem Prozess wurde klar: Nur weil sich jemand gewählt ausdrücken kann, seiner Verlobten freundlich zuwinkt und Hipster-Dutt trägt, ist er nicht weniger gefährlich als ein strammer Rechtsradikaler, der seine Gesinnung auf der Stirn trägt. Vielleicht sogar gefährlicher. Das Gericht hat das erkannt. Nun wäre es gut, wenn das auch die Bundeswehr merken und konsequent handeln würde. Denn sie braucht Bürger in Uniform, keine mit einer Uniform verkleideten Demokratiefeinde.

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