Zwischen der Souveränität des öffentlichen Auftritts und der Substanz der inhaltlichen Arbeit können mitunter Welten liegen, gerade in der Politik. Dennoch darf man den ersten öffentlichen Auftritt der künftigen Bundesfamilienministerin Lisa Paus zumindest als gutes Zeichen werten. Denn bei ihrer Vorstellung am Donnerstag sagte Paus zwar, sie habe "Riesenrespekt" vor der Aufgabe - wirkte dann aber aufgeräumt und gut vorbereitet.
Der Umstand, dass sie sich bislang vor allem als Finanz- und Wirtschaftsexpertin hervorgetan hat, muss für den neuen Job kein Nachteil sein. Erleichterungen für Familien sind - sinnvollerweise - sehr oft finanzieller Natur. Eine Ministerin, die das überblicken und im besten Fall vereinfachen kann, könnte da eine gute Wahl sein. Zudem hat Paus in ihrem ersten Statement Realitätssinn demonstriert. Nachdem ihre Parteichefin unterstrichen hatte, dass Paus die Schwierigkeiten des Alltags für Alleinerziehende ja aus eigener Erfahrung kenne, sagte die: Das stimme zwar, aber ihr sei schon klar, dass sie als Abgeordnete finanziell privilegiert sei und die Realität für die meisten Alleinerziehenden völlig anders aussehe. Paus widerstand also der Gelegenheit zur billigen Effekthascherei. Man darf hoffen, dass sich diese Haltung auch in ihrer künftigen Arbeit widerspiegeln wird.
Keine volle Amtszeit von fünf Ministerinnen
Von den letzten fünf Familienministerinnen hat keine eine reguläre, volle Amtszeit absolviert. Das hat Spuren hinterlassen, nicht nur im Ministerium, sondern im ganzen Land. Das Bundesfamilienministerium könnte - und sollte - eigentlich großen Einfluss auf die Gesellschaftspolitik in Deutschland haben. Die Liste an Problemen ist lang: Sie reicht von der Einsamkeit in der Gesellschaft bis zur Gewalt gegen Frauen, vom Kindesmissbrauch bis zum Gender-Pay-Gap. Sie umfasst die Überlastung vieler Familien und Diskriminierung alternativer Lebensmodelle. Viel zu tun also für die neue Ministerin.