Corona:Impfnationalismus ist die falsche Antwort

Spritzen liegen neben dem Corona-Impfstoff von Pfizer-BioNTech im Delta Hospital in Brüssel bereit. (Foto: Yves Herman/Reuters)

Die Beschaffung der Corona-Impfstoffe ist nicht gut gelaufen. Die Lehre darf aber nicht lauten, lieber die Mitgliedstaaten alleine machen zu lassen. Stattdessen braucht Europa eine starke, unabhängige Behörde für solche Krisen.

Kommentar von Björn Finke

Die EU hat Fehler gemacht - also braucht die EU mehr Kompetenzen: Diese Forderung klingt zunächst nach einem schlechten Witz. Und doch sollte genau das die Lehre aus den Problemen mit den Corona-Impfstoffbestellungen der EU-Kommission sein. Die Behörde hatte im Sommer keine Erfahrung mit der Beschaffung von Vakzinen, sie hatte zu wenig Geld zur Verfügung, und sie hatte nicht den Mut, bei den Verhandlungen mit Herstellern Bedenken über Haftungsfragen und Preise hintanzustellen, der Schnelligkeit zuliebe.

Die Konsequenz daraus lautet aber nicht, dass bei der nächsten Gesundheitskrise besser die einzelnen Mitgliedstaaten Vakzine ordern. Böten die EU-Regierungen gegeneinander, würde das nur die Pharmakonzerne freuen - und es würde die EU spalten, sogar in ihrer Existenz bedrohen, wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch bei ihrer Rede im Europäischen Parlament richtig bemerkte.

Impfnationalismus ist also die falsche Antwort. Stattdessen benötigt die EU eine starke Behörde, die im Krisenfall schnell und mit viel Geld reagieren kann - so wie das US-Vorbild Barda. Dieser Agentur ist es zu verdanken, dass die Vereinigten Staaten recht gut dastehen bei ihrer Impfkampagne, obwohl das sonstige Corona-Management von nunmehr Ex-Präsident Donald Trump ein Desaster war.

Tatsächlich plant die EU-Kommission den Aufbau einer ähnlichen Behörde. Das ist gut so. Die ernüchternden Erfahrungen von vorigem Sommer und Herbst sprechen aber dafür, dass diese Behörde wirklich unabhängig und mächtig sein sollte - und nicht bloß ein Anhängsel der Kommission. Sonst wäre nicht viel gewonnen.

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