Annalena Baerbock:Undiplomatisch

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Die deutsche Außenministerin reist nicht zu den Olympischen Spielen nach Peking - und prescht damit vor.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Annalena Baerbock hat sich festgelegt. Sie werde nicht zu den Olympischen Spielen nach Peking reisen, teilte die Grünen-Politikerin mit und fügte hinzu: Das sei ihre persönliche Entscheidung. Sie ist als Politikerin aber erfahren genug, um zu wissen: Das Private ist politisch - das gilt erst recht für eine Außenministerin.

Immerhin war Baerbock so klug, ihre Absage nicht gleich mit einem Boykott-Aufruf zu verbinden. Auch so hat ihre Ankündigung Gewicht, denn diese Ansage kommt nicht mehr von einer Oppositionspolitikerin, sondern von einem Regierungsmitglied, das die deutsche Außenpolitik vertritt. Baerbock will mit ihrer Ankündigung offensichtlich Erwartungen in ihrer Partei erfüllen.

Diese Festlegung zum jetzigen Zeitpunkt öffentlich zu machen, zeugt aber nicht gerade von diplomatischem Geschick. Mit ihrem Vorpreschen untergräbt die deutsche Chefdiplomatin die Bemühungen, sich auf eine gemeinsame Linie festzulegen. Auf EU-Ebene gab es beim EU-Außenministertreffen vor Weihnachten in dieser Frage noch keine Einigung, aber den Willen, eine Position zu finden. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich bereits dagegen ausgesprochen, die Spiele "zu politisieren". Mit ihrem Vorstoß versucht Baerbock nun, Druck auszuüben. Bei einigen EU-Ländern kommt deutsches Vorpreschen aber erfahrungsgemäß nicht gut an.

Innerhalb der Koalition ist es Baerbock gelungen, die für Sport zuständige Innenministerin Nancy Faeser auf ihre Seite zu ziehen. Damit wird Bundeskanzler Olaf Scholz unter Zugzwang gesetzt, der stärker die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands - auch jene in China - im Blick haben dürfte. Das hat er zuletzt durch seine Zustimmung zu den auf Rekordniveau getriebenen Rüstungsgeschäften gezeigt. Damit droht ein erster Koalitionskonflikt. Aber auch Baerbock wird häufiger gezwungen sein, sich zwischen Gewissen und Geschäft entscheiden zu müssen.

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