Autorin Vicky Jones:"Fleabag" war nur der Anfang

Lesezeit: 2 min

Vicky Jones ist Autorin, Regisseurin und Schauspielerin. (Foto: Sophia Spring/HBO)
  • Die britische Autorin, Regisseurin und Schauspielerin Vicky Jones hat gemeinsam mit Phoebe Waller-Bridge die Erfolgsserie "Fleabag" entwickelt.
  • Bei Sky startet jetzt ihre neue Serie "Run".
  • Mit "Run" könnte Vicky Jones international bekannt werden, wie es ihrer Kollegin und Freundin Waller-Bridge schon gelungen ist.

Von Cathrin Kahlweit

Man kann es leider nicht anders sagen: Vicky Jones ist - noch - nicht so bekannt wie ihre mittlerweile zum internationalen Star avancierte Freundin und Co-Autorin Phoebe Waller-Bridge. Deren vom Bühnenprogramm zur BBC-Serie mutierte Erfolgs-Comedy Fleabag ist in aller Munde - und Waller-Bridge mit ihrer Geschichte einer so witzigen wie unbeholfenen und sich ständig selbst im Weg stehenden jungen Frau mittlerweile eine feministische Ikone. Dabei war und ist Vicky Jones mindestens beteiligt an diesem Erfolg. Waller-Bridge und Jones betreiben gemeinsam die Londoner Produktions- und Theaterfirma DryWrite und schreiben gemeinsam Drehbücher. Und Jones hat bei der Bühnenversion von Fleabag Regie geführt.

Nun ist Vicky Jones an der Reihe, endlich auch international so bekannt zu werden wie ihre Freundin. Im Königreich wird die 41-Jährige bereits als Autorin von erfolgreichen Komödien hoch gehandelt, sie ist eine renommierte Regisseurin und Schauspielerin. Mit ihrem Partner und einem Kleinkind lebt sie in London, zur Zeit, wie alle Briten, vom Lockdown in die soziale Isolation gezwungen; aber umso mehr Gelegenheit hat sie nun, sich über die vielen Reaktionen auf ihr neues Baby, einen Roadmovie der besonderen Art, zu freuen.

Serien-Tipps
:Eskapismus, Baby!

Ob Nostalgie, Zukunft, Humor, Fantasy, Extra-Grusel oder Fatalismus: Wer in Corona-Zeiten - wenigstens gedanklich - mal raus will von zu Hause, kann das mit diesen Serien sehr gut.

Als sie vor einigen Jahren die Idee zur Serie Run entwickelte, die am Ostersonntag auf Sky Premiere hatte, holte sie Waller-Bridge als zusätzliche Ideengeberin und den US-Sender HBO als Produktionsfirma ins Boot. Die Zusammenarbeit mit einer solchen Firma habe ganz neue Horizonte und Möglichkeiten eröffnet, sagt sie im Telefoninterview. "Man schreibt ein Bier als Requisite in die Geschichte, und dann wird man gefragt: Was für ein Bier möchten Sie? Dose oder Flasche, welche Sorte, welche Farbe?" Das Ergebnis sei "so wahrhaftig wie möglich und so nah wie möglich an der Ursprungsidee".

Sie habe die "romcom", die romantische Komödie neu erfinden, aber dabei keine traditionelle romantische Beziehung vorführen wollen; drumherum habe sie einen "Reisefilm mit Hitchcock-Elementen" gebaut. "Mich interessiert, was eine Beziehung am Laufen hält." Sie habe, sagt Jones, deshalb zwei Figuren entwickelt, die alles zeigen sollen: ihre schlechten Seiten, ihre Verrücktheiten, ihre Hässlichkeit, ihre innere Schönheit. Schon lange habe sie davon geträumt, eine weibliche Hauptperson zu erfinden, die komplex und fehlerhaft sei, im Moment lebe - spontan, überfordert, liebenswert, kindisch dominant. Was bedeutet: In Run ist, was die Charakterstudien angeht, auch ziemlich viel Fleabag.

Waller-Bridge ist Perfektionistin: Immer wieder haben die beiden geschrieben - und verworfen

Der Erfolgsdruck, gesteht Jones, sei enorm gewesen. Freundin Phoebe Waller-Bridge habe ihr zur Seite gestanden, "und bei ihr entwickeln sich immer Dinge, die man überhaupt nicht erwartet". Natürlich habe es Probleme gegeben, "das Drehbuch war viel zu spät fertig, wir waren total unter Zeitdruck". Waller-Bridge sei Perfektionistin, immer wieder hätten die zwei geschrieben und dann verworfen, eine Gruppe aus britischen und amerikanischen Drehbuchexperten habe sich über das Script gebeugt, "aber zumindest bei den Dialogen war ich von anfang an total sicher".

Nun ist Run angelaufen, und Jones arbeitet bereits an neuen Ideen, neuen Theaterstücken. Der New York Times hat sie erzählt, wie sie überhaupt auf die Grundidee von Run kam: Waller-Bridge und sie hätten ein Code-Wort verabredet, wenn es mal irgendwo ganz besonders langweilig oder schrecklich sei. "Wenn wir in einer Situation waren, die wir nicht mochten, wollten wir der anderen das Wort ,run' zuflüstern, einander an den Händen nehmen und lossprinten." Getan haben sie es nur einmal, auf einem Festival. Sie rannten zusammen fort von den Massen in einen nahen Wald. "Damals fühlte sich das großartig an." Waller-Bridge, die Run als Executive Producer mitverantwortet, findet, das sei die "Rettung gewesen, weil wir immer wussten, wir können jederzeit abhauen. Das gab uns ein Gefühl der Freiheit."

© SZ vom 15.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Balkone in der Coronakrise
:Draußen zu Hause

"Balkonien" war immer schon mehr als Ersatzurlaubsland. Der Balkon, einst ein Ort der Reichen und Mächtigen, wurde in der Moderne zum vielfältig schillernden Zwischenreich des Alltags. Eine Hommage.

Von SZ-Autoren

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: