Schwarzwald-"Tatort":Alle sehnen sich nach Ruhe, niemand findet sie

Tatort: Damian

Ein Krimi der anderen Art: Kommissarin Franziska Tobler (Eva Löbau) und Luka Weber (Carlo Ljubek) mit Cornelia Harms (Steffi Kühnert) und Meike Richter (Nora Waldstätten) im neuen Tatort "Damian".

(Foto: obs)

Überforderung scheint das Motto des neuen "Tatorts" zu sein - das gilt für die Figuren genauso wie für die überambitionierte Story. Die tollen Darsteller reißen aber alles wieder raus.

Von Holger Gertz

Diese Rezension wurde zur Erstausstrahlung des Tatorts im Dezember 2018 veröffentlicht. Am 1. August wird der Fall im Ersten wiederholt, weswegen wir den Artikel erneut publizieren.

Natürlich passt es in die Zeit, erst recht jetzt in die Stressperiode kurz vor Jahresschluss, dass in diesem Tatort alle so wahnsinnig erledigt sind. Die Kommissare sacken in sich zusammen, ein Student liegt auf dem Boden der Bibliothek, sogar ein Hund ist erschöpft von vielen Gerüchen. "Damian" heißt die Episode vom SWR, in der sich jede der überforderten Figuren nach Ruhe sehnt und niemand Ruhe findet. Schon gar nicht der Student, der in den Hörsaal rennt, um die Wiederholungsklausur im Fach "Verwaltungsprozess und Verwaltungsprozessrecht" zu schreiben, aber die Klausur stand schon vor drei Wochen auf dem Plan, die Dozentin bespricht sie ja bereits.

Recht früh in diesem Abenteuer erfährt also das Publikum, dass es erneut mit einem Krimi der anderen Art zu tun haben wird; die Zeitebenen werden sich verlagern, die Wahrnehmung wird auf eine Probe gestellt werden. Die Überforderung der Figuren setzt sozusagen den Ton, das Publikum kann sich auch überfordert fühlen, wenn es einer Geschichte folgt, die ein Rätsel ist, mit einer Pointe ganz am Ende. Ein Doppelmord, eine weitere Leiche, eine brennende Hütte - wie hängt das zusammen? Nicht alle losen Fäden werden hier verknüpft, die Bremer Folge neulich mit dem entlegenen Thema Vampirismus war nachvollziehbarer.

So ambitioniert und manchmal auch überambitioniert also die Story in "Damian" ist (Regie: Stefan Schaller; Buch: Lars Hubrich) so sehr stimmen die Bilder, beeindrucken die Schauspieler. Der überforderte, gehetzte, ausgebrannte Student Damian Rombach, gespielt von Thomas Prenn, ist ein kompletter Außenseiter. Er hat den Kontakt zu allen verloren, seine Mutter gibt ihm ein Stück Kuchen mit, das er so gern isst; ein hilfloser und verzweifelter Versuch, eine Beziehung zu retten, die zerstört ist. Denn Damian kann mit der Wegzehrung nichts mehr anfangen, er ist vom Weg längst abgekommen und wird immer verzweifelter, und immer lauter flüstern die Stimmen in seinem Kopf. Das ist schon berührend, wie der junge Thomas Prenn diesen Mann spielt, der sich verliert und rettungslos dem Verhängnis entgegentrudelt. Und dazu spielt die Band Boston "More than a feeling" - einen Horror-Hit, den man sonst nur noch bei Bayern 3 hört.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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