"Tatort" aus Münster:Börn-out

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Alberich (Christine Urspruch), Boerne (Jan Josef Liefers) und Praktikantin Emmalotta (Yvonne Pferrer) suchen nach der Todesursache von "Magic Mom". (Foto: Thomas Kost/WDR/Bavaria Fiction GmbH)

Thiel und Boerne suchen den Grund, warum eine Influencerin sterben musste. Alarm für Sensibilitätsbeauftragte.

Von Claudia Tieschky

Es wird Frühling und somit Zeit für die Frage: Was trägt der Sonntagskrimi von Welt in dieser Saison thematisch so ins Wohnzimmer? Der Tatort aus Münster setzt im März auf Influencerinnen, die nicht sind, was sie vorgeben, und Witzle über Diversity und Wokeness. Valeurs sûres also.

Eine Momfluencerin mit 630 000 Followern baumelt tot von der Decke, wobei der Zuschauer schon weiß, dass da was nicht stimmt. Und das nicht nur, weil 630 000 "gerade mal die doppelte Einwohnerzahl von Münster" ist, wie Thiel (Axel Prahl) heimatkundesicher anmerkt. War es die andere Momfluencerin, die an die jetzt tote Evita im Zickenkrieg-Modus schrieb: Ich spendiere dir ein paar Extensions, und damit kannst du dich dann aufhängen du dumme Schlampe? Oder die Nachbarin mit den muskulösen Oberarmen, die einen erfolglosen Yoga-Kanal betreibt - Achtung Neid! - und ansonsten präzise den Anforderungen dessen entspricht, was im Fünfzigerjahrefilm das Klatschweib war? Auch stark berührt ist Boernes hübsche Praktikantin, die als glühender Fan von Magic Mom vor lauter Trauer ihren ganzen Verstand vom Gefühl weghauen lässt.

"Frau Haller ist immer klein, Herr Schrader ist nur nach Feierabend schwul."

Natürlich ist es der in der Evolution nicht sehr fortgeschrittene männliche Blick von Boerne (Jan Josef Liefers) und Thiel, beide ekelhaft gut gelaunt, der diese Frauen taxiert - und dem man ungefähr mit der Faszination folgt, die sich, sagen wir: beim Betrachten eines Crashs mit ganz vielen Spielzeugautos einstellt. Ähnliches gilt für die vielen Hohos zur anstehenden Benennung eines oder einer Sensibilitätsbeauftragten, wobei Boerne zwischen der kleinwüchsigen Silke Haller, genannt Alberich, und dem queeren Kollegen Mirko Schrader so unterscheidet: "Frau Haller ist immer klein, Herr Schrader ist nur nach Feierabend schwul." Genauso markant wie die Dämlichkeit der Sprüche ist die überragende Peinlichkeit der Sprüchemacher inszeniert, sodass am Ende irgendwie alles halbwegs kunstvoll aneinander vorbeikommt und daraus statt eines Beschwerdefalls dann doch ein sogenannter Schmunzelkrimi wird.

Zum Schmunzelkrimi gehört, das weiß man seit Hubert und Staller, dass der eigentliche Fall sich dann meistens ganz von selber löst, damit man genug Zeit zum Schmunzeln hat, und in die Richtung geht es auch in dem Tatort von Regine Bielefeldt (Buch) und Michaela Kezele (Regie). Zum Glück finden die Ermittler ein Video in der Kamera der toten Evita, das sie auf die richtige Spur bringt. Ach so, und wie nennt man das, wenn Boerne mal ratlos ist? Thiel weiß es: Börn-out natürlich.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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