"Tatort" aus München:Hinfallen, aufstehen, Krone richten

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Hier haben nur Männer Nachnamen. Auch die Organisatorin des Königinnentags ist nur die Sylvia (Veronica Ferres, Mitte). (Foto: Luis Zeno Kuhn/BR/Odeon Fiction GmbH/dpa)

Ein schmieriger Typ fördert Produktköniginnen gegen Sex. Es ist gut, dass der "Tatort" "Me Too" auch in der bayerischen Provinz thematisiert, aber warum muss das lustig sein?

Von Claudia Fromme

Das wäre doch mal was, wenn nicht Frauen in engen Kleidern die Ernten ihres Landstrichs bewerben würden, sondern alte weiße Männer. Wenn sie für Spargel, Zwiebeln, Gurken um die Wette lächeln müssten. Tun sie aber nicht, die Männer befinden darüber, ob eine in den Fotokalender "Königinnen zum Anbeißen" darf. Das mächtigste Wort hat der Präsident des Bavaria-Bundes, Josef Gehrling (Wolfgang Fierek), der sein Amt so versteht, dass er die Frauen ganz groß rausbringt, wenn sie nur mit ihm ins Bett gehen.

"Me Too" und Harvey Weinstein sind geografisch weit weg, aber in der Beziehung ist Hollywood genauso trist wie die bayerische Provinz. Hat sich wirklich etwas verändert, haben die Frauen, die ihre Stimme erhoben haben, danach noch große Rollen bekommen? "Wer lädt denn eine Königin, die sich für ihre Karriere vögeln lässt, noch auf ihr Sommerfest ein?", sagt Gehrling, als eine ihm droht, ihn auffliegen zu lassen. Dann setzt ihm jemand ein Bolzenschussgerät an die Stirn, und den Krimi lang schwebt er zwischen Leben und Tod. War es eine der Königinnen? Ist es überhaupt ein Job für die Mordkommission?

Ob Zwiebel- oder Spargelkönigin: "Die Mädchen wissen doch, worauf sie sich einlassen."

So ist die Aufstellung im Münchner Tatort "Königinnen". Hauptkommissar Batic (Miroslav Nemec) rennt darin im Bademantel ins Hotelzimmer einer Polizeischülerin, Kollege Leitmayr (Udo Wachtveitl) spricht die Frauen als "Mädchen" an. Passt schon. "Nachnamen haben hier nur die Männer", sagt die Honigkönigin. Also ist die Organisatorin des Königinnentags auch nur die Sylvia (Veronica Ferres). Natürlich weiß sie von Gehrlings Widerlichkeiten. Aber: "Die Mädchen wissen doch, worauf sie sich einlassen."

Es ist eine gute Idee, "Me Too" in die Provinz zu bringen. Warum sollten die Träume einer Spargelkönigin andere sein als die einer Schauspielerin, warum sollten Männer ihre Macht nicht auch im Kaff ausspielen? Aber was einen nervt an diesem Tatort, für den Robert Löhr das Buch geschrieben hat und bei dem Rudi Gaul Regie führt, ist die Unentschiedenheit. In Versatzstücken setzt sich der Krimi sehr ernsthaft mit "Me Too" auseinander, dann geht es um Stadt-Land-Dünkeleien und obendrauf gibt es noch einen großen Schlag komödiantische Soße. Eine der Königinnen verliert ihren Schuh wie Cinderella, Hoheiten brausen lustig mit dem Traktor durchs Dorf, der Rechtsmediziner wacht beim Halbtoten, damit er ihn endlich aufschneiden kann. Diese, Verzeihung, Schenkelklopfer schaden der Glaubwürdigkeit des Anliegens, "Me Too" in die Sonntagsstuben zu bringen. "Hinfallen, aufstehen, Krone richten", sagt die Zwiebelkönigin. Anders geht es wohl nicht.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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