Serie "Lava" auf Arte:Am Berg des Verbrechens

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Kommissar Helgi Runarsson (Björn Hlynur Haraldsson, hockend) aus Reykjavik leitet die Aufklärung des Mordes an dem Finanzhai Björn Sveinsson (Magnús Ragnarsson). (Foto: dpa)

Ein von Gewehrsalven durchsiebtes Ferienhaus, ein toter Finanzhai im Designersessel: Die Mini-Serie "Lava" ist so schroff und rätselhaft wie die isländische Landschaft.

TV-Kritik von Bernd Graff

Lava stellt man sich immer nur als etwas glühend Bedrohliches vor, als etwas Schweres, das mit Macht von einem explodierenden Berg ausgespuckt wird, vom Himmel fällt, um dann zäh fließend und verheerend die umgebende Landschaft zu versengen. Eruptiertes Magma, so nennen es die Fachleute. Doch als Lava bezeichnet man auch das, was nach einer gewissen Abkühlung, aber immer noch untergründig glühend, als schroffer Basalt an der malträtierten Oberfläche liegen bleibt.

Untergründig glühend

Arte strahlt nun die vier Folgen der isländischen Mini-Krimi-Serie in einem Rutsch aus. Sie spielt auf der Snæfelsnes-Halbinsel im Westen vor dem Panorama des gleichnamigen, schneebedeckten Feuerbergs, den man manchmal vom 120 Kilometer entfernten Reykjavík aus sehen kann. Doch während dessen gigantische Silhouette die beeindruckende Kulisse abgibt, zeigen sich die handelnden Figuren davor jedoch wie längst ausgeworfene Lava: abgekühlt, langsam, zäh, doch untergründig glühend und immer gefährlich.

Empedokles verschwand auf dem Ätna, lange bevor es TV gab, in dem Vulkane eine prima Kulisse sind. (Foto: Víðir Sigurðsson)

In dieser scharfkantigen Gerölllandschaft hat es den kaltblütig ausgeführten Mord an einem Finanzhai gegeben. Das teure Interieur seines exquisiten Ferienhauses ist von Gewehrsalven durchsiebt, den exekutierten Hausherrn hat man in einen Designersessel drapiert - allerdings ist er nicht von der Waffe niedergestreckt worden, die sein Haus demoliert hat. Eine Zugehfrau findet die Leiche. Sie wird sich später als Freundin des Toten bezeichnen, tatsächlich ist sie jedoch eine klamme, offenbar übers Ohr gehauene Geschäftspartnerin des toten Bankers.

Island als einer der Protagonisten

Das Polizei-Team besteht aus dem erfahrenen Kommissar Helgi (Björn Hlynur Haraldsson) und seiner Kollegin Gréta (Heida Reed), sie ist Stürmerin in der isländischen Fußballnationalmannschaft, die gerade erst zum Polizeidienst gefunden hat. Während der Melancholiker Helgi, der den Tod seines Sohnes ebenso wenig verwinden kann wie seine eigenen Kindheitstraumata, langsam, wie sediert und anscheinend unbeteiligt ermittelt, entwickelt Gréta einen Übereifer und neigt zu schnellen Schlussfolgerungen. So gibt es nach und nach immer mehr Verdächtige, die sich auf der Insel auch ständig über den Weg laufen - und immer schon gelaufen sind.

Island mit seiner surrealen Landschaft in unwirklich knisterndem Tageslicht ist sicher einer der Protagonisten dieser kleinen Staffel: genauso rätselhaft, schroff und untergründig wie die Akteure, die unter der ausgeruhten Regie von Reynir Lyngdal kein schrill buntes, sondern ein Kriminaldrama wie aus Packeis auf einem alles dominierenden Vulkan entfalten, in dem doch jeder jederzeit ausbrechen und zur Weißglut kommen kann.

© SZ vom 14.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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