Schauspieler Maximilian Simonischek:Sein Spiel

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Maximilian Simonischek dreht derzeit den Kinofilm "Am Hang", steht die nächsten zwei Jahre in den Münchner Kammerspielen auf der Bühne und ist nebenbei auch noch ZDF-Kommissar. Wie also soll man leben, wie lieben und vor allem: wie das alles spielen? Alles so Fragen. Eine Begegnung.

Claudia Tieschky

"Vor kurzem habe ich eine Nacht lang Mozart gehört, die heitersten, herrlichen Sachen, und den Welthass trotzdem nicht aus mir herausgebracht". Sagt Loos. Loos ist der ältere der beiden Männer, die sich auf einer luxuriösen Hotelterrasse im Tessin zufällig kennenlernen. Sie kommen ins Reden, und daraus wird ein intelligentes Streitgespräch über die die Frage, wie man leben soll und wie Frauen lieben.

Seine Art, das Familienerbe durchzubringen: Kommissar Lukas Laim (Maximilian Simonischek) mag Lenny (Marleen Lohse), im ZDF-Krimi "Die Tote ohne Alibi". (Foto: ZDF/Chris Hirschhäuser)

Leichthin und immer zum Gehen bereit, wie Clarin, der Jüngere? Oder ernsthaft und schmerzbringend wie Loos? Und je länger dieses Kammerspiel geht, desto mehr ahnt man in Markus Werners Roman Am Hang mit einer gewissen Spannung, dass es diesen beiden so unterschiedlichen Männern um dieselbe Frau gehen könnte; dass sie einen Kampf austragen.

Maximilian Simonischek, 29 Jahre alt, spielt den Clarin. Der Regisseur Markus Imboden verfilmt Am Hang fürs Kino; Simonischek ist von den Dreharbeiten am Lago Maggiore für einen Tag nach München gekommen und soll nun eigentlich einen ganz anderen Film bewerben, einen Krimi, den er für das ZDF gedreht hat.

Sein Vater ist berühmt, was soll man tun

Sein berühmter Name bringt natürlich Aufmerksamkeit. Als Schauspielerkind, Sohn von Peter Simonischek und der Schauspielerin Charlotte Schwab, ließ er sich am Mozarteum in Salzburg ausbilden, spielte im Theater an der Josefstadt in Wien und am Berliner Gorki-Theater.

Bekannt wurde Simonischek im Fernsehen mit einer Hauptrolle im RTL-Zweiteiler Hindenburg, in der er nicht nur gut aussah, aber das auch. Schließlich wars ein Melodram. Inzwischen findet er, dass er kaum mehr als "Sohn von" angesehen werde und meidet auch Orte, "an denen ich so wahrgenommen werden könnte".

Vielleicht macht er sich was vor. Sein Vater ist berühmt. Aber schließlich, was soll man tun. Zuletzt hat der Sohn am Gorki-Theater in der Bühnenversion von Jonathan Littells Die Wohlgesinnten gespielt, dem fiktiven Lebensbericht des SS-Mannes Max von Aue. Hartes Zeug. Oder, wie er sich ausdrückt: Sie haben während der Proben zehn Wochen mit Hitler Tür an Tür gelebt.

Nun sitzt er in München an einem Bürotisch. Der Tisch und er passen nicht zusammen. Er ist sehr groß und sehr freundlich, mit widerspenstigen Haaren. So wie er beim Reden seine Hände dreht und den Kopf manchmal seitlich legt, macht der den Eindruck eines Menschen, der in Bewegung ist, der Bewegung braucht.

Und beim Gespräch über den großen Gegensatz von Film und Theater kommt er auf eine Gemeinsamkeit zwischen beidem: Man darf sich nicht beobachten lassen, oder muss sich zumindest einreden, dass man nicht beobachtet sei, jedenfalls "versuchen die Außenwahrnehmung auszuschalten". Beim Film herrscht das Tohuwabohu, Kameras, Lampen, Mikro, das Essen. "Im Theater hast du den ganzen Abend am Stück, da grätscht dir keiner dazwischen."

Auch an dem Bürotisch steckt er mitten im Filmdreh. Und obwohl er die unterschiedlichen Methoden beherrscht, sich eine Figur zu erschließen, habe er sich bei der Arbeit mit Imbodens Am Hang richtig schwer getan. Aber dann entschied er, weniger an eine Figur zu denken, sondern begann, die Gedanken und die Haltung Clarins zu seinen eigenen zu machen. "Er ist wie ein Sprachrohr für Ansichten über Ehrlichkeit, für ganze Lebensentwürfe und Erwartungen, die wir an die Liebe und an unsere Beziehungen haben."

Wie also soll man leben, wie lieben und vor allem: wie das alles spielen? Alles so Fragen. Eine Möglichkeit, die man Simonischek zutraut, wäre zum Beispiel erwartungsvolle Begeisterung über jede fordernde Rolle. Er wirkt, um bei Loos und Clarin zu bleiben, vollkommen frei von Welthass.

In dem ZDF-Krimi Die Tote ohne Alibi spielt er den Kommissar Laim, und in einer Szene steht er allein und vollkommen verzweifelt an seinem Schreibtisch. Dann packt er die lange Bürolampe, reißt sie los und drischt in einem irren Tempo mit voller Kraft auf den Tisch und dann an die Wand. Vielleicht mag der Kommissar keine Büromöbel, aber die Art, wie er diesen Sekundenausbruch spielt, nämlich mit dem Rücken zur Kamera, als fühlte er sich tatsächlich unbeobachtet, zeigt, was Simonischek alles kann.

In einer glücklichen Position

Laim, Lukas Laim, der Kommissar, darf auch ausgiebig zu den Frauen gehen, zu vielen Frauen. Er hat bei ihnen so konstanten wie unerklärlichen Erfolg. Am liebsten geht Laim zu einer klugen Rotgelockten, für die er mit Kreditkarte zahlt - seine besondere Art, das im Krieg schmutzig erworbene Familienerbe unter die Leute zu bringen. Der Mordfall führt dann genau diese beiden Milieus zusammen, das München der dubiosen Bosse und der Callgirls. Man könnte sagen, Laim ist verstrickt, aber es macht ihm nichts.

Die nächsten zwei Jahre wird Laim beziehungsweise Maximilian Simonischek in München leben, als Ensemblemitglied an den Kammerspielen. Im Juni beginnen die Proben für eine Elfriede-Jelinek-Uraufführung unter der Regie von Intendant Johan Simons. Simonischek freut sich darauf. Als junger, ungebundener Mensch sieht er sich in einer glücklichen Position: er ist wieder am Theater, wo er in einem Monat so viel verdient wie mit zwei Drehtagen Fernsehen. Und das Fernsehen, das ist klar, wird auf Dauer nicht auf ihn verzichten.

Die Tote ohne Alibi, ZDF, Montag, 20.15 Uhr

© SZ vom 28.04.2012/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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