RTL-Dschungelcamp: Tag 8:Wer schreit, hat Unrecht! Gilt nicht für Thorsten Legat

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Geteert, gefedert - und trotzdem überglücklich: Gisele holt sieben Sterne in der Dschungelprüfung. Coach Thorsten Legat ist stolz. (Foto: TV Now / Stefan Menne)

Gisele holt sieben Sterne. Doreen bittet ihren Ex um Verzeihung. Tommi spricht die Sprache der Triebe. Und Domenico? Ist raus.

TV-Kritik von Johanna Bruckner

Lektion des Tages: Geschichtsschreibung. In der Tugendsprache der Generation Trash-TV auch: Wie man Geschichte schreibt (oder zumindest Schlagzeilen). Das hat in der Baumschule Murwillumbah einen festen Platz auf dem Lehrplan. Schließlich will hier jeder in die Fernsehannalen eingehen.

1. Stunde: Wer die Wahl hat, hat die Qual

Tommi Piper hört Gisele Oppermann ab. Thema: Giseles wiederholte Wahl in die Dschungel­prü­fung. Erste Frage: "Was sagst du dazu?" Giseles Antwort: "Gib' mir 'ne Kippe." Und während sich die bislang vor allem Leidgeprüfte noch ein bisschen Teer in die Lunge zieht, bevor sie gleich gefedert wird, erinnert sich der Camp-Senior zurück an düstere Zeiten. Vielleicht, so sinniert er, spiele beim Publikum versteckte Eifersucht eine Rolle. "Was hat man früher mit schönen Hexen gemacht? Die hat man einfach gequält. Also perverse Priester und solches Gevolk aus der Inquisition. Da wurde ja vieles aus Sadismus gemacht." Das hat sich geändert: Heute wird a lles aus Sadismus gemacht. Zumindest im Dschungelcamp.

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2. Stunde: Tue Gutes und lass' darüber reden

Schlagerbarde Peter Orloff beginnt seinen Unterricht mit einem Lobgesang auf Evelyn Burdecki. Die hatte am Vortag das Problem der heillos verknoteten Schnur gelöst. Mit einer Schere. Peter fühlt sich an Alexander den Großen erinnert, der einst mit seinem Schwert den Gordischen Knoten durchschlug. Evelyn fühlt sich geschmeichelt - und ein bisschen dumm. "Hätte ich mehr Nährwerte im Kopf, hätte ich das gewusst." Eins weiß die Kuppelshow-Veteranin aber: Die einzig richtige Antwort auf ein Kompliment ist, zurück zu schmeicheln. "Wenn man in deiner Nähe steht, fühlt man sich sicher. Du bist so weise", umgarnt sie Peter. Der vergibt prompt Bestnoten: "Der schönste Moment im Camp - jemand hat mich erkannt, wie ich wirklich bin."

Klassenziel erreicht? Leider nein, denn als Evelyn das Gelernte im Dschungeltelefon zusammenfassen soll, kommt das heraus: "Alexander der Große, 300 vor Christus - einen Knoten hat der geöffnet und damit wurde damals die Revolution geöffnet."

3. Stunde: Hinfallen ist keine Schande - aber wäre er besser liegengeblieben

Anstatt das Spülen zur Gruppenarbeit zu machen, macht Chris Töpperwien mal wieder die Hausaufgaben für alle. Und fällt damit auf die Nase, also im wahrsten Sinne des Wortes. Diagnose: verstauchter Knöchel. Vom Sportunterricht ist er damit aber nicht befreit. Eine Dschungelprüfung sei problemlos möglich, bescheinigt Arztdarsteller Dr. Bob.

Wer muss das Camp verlassen? Domenico de Cicco. Um es mit den Worten von Leila Lowfire zu sagen: "Da klingelt das Karma-Konto." Bleibt abzuwarten, ob Leila damit auch ihr eigenes Aus vorausnimmt - der Spruch geht im Originalzusammenhang nämlich gegen ihren verletzten Intimfeind Chris Töpperwien.

Kaum zu ertragende Rolle: der Lustmolch. Immer noch verkörpert von Tommi Piper. Der wähnt sich an Tag acht mit Doreen Dietel in einer Neuauflage der Blauen Lagune. Der Wasserfall plätschert, Tommi ist nackt, Doreen leichtbekleidet - ein feuchter Traum. Doch dann das böse Erwachen: "Ich dachte, ich kann mit der Doreen duschen. Und dann kommt Peter noch dabei. Der ist so umständlich, dem muss man das Handtuch halten. Der ist so deutsch." Tommi dagegen ist offen für alle Kulturen, allen voran die Freikörperkultur. Und die Sprache der Triebe spricht er fließend: "Hut ab, du brauchst keinen BH. Ästhetisch toll", versichert er Doreen kurz darauf am Lagerfeuer.

Und die Dschungelprüfung? Widerlegt ein gängiges Sprichwort. "Wer schreit, hat Unrecht", hieß es bisher. Nach Tag acht muss gelten: "Wer schreit, hat Giseles Ohr." Aber von vorne. Zur Feier des Tages - Gisele tritt zum neunten Mal in Folge zu einer Prüfung an - spendiert die Redaktion dem bislang wenig erfolgreichen Rekordprüfling eine Intervention. Damit nun keine Missverständnisse aufkommen: Wir sind hier nicht plötzlich auf dem psychologischen Ponyhof, sondern immer noch bei RTL. Deshalb gibt es statt Stuhlkreis und sensibel vorgetragener Kritik: Thorsten Legat. Der frühere Fußballprofi und Ex-Dschungelcamper tut das, wofür er bekannt ist - er brüllt im gesundheitsgefährdenden Dezibelbereich. "Guck mich an! Was geht ab!? Arschbacken auf! Du bist dein Charakter!"

Damit hat er offenbar intuitiv die richtige Antwort auf die Frage nach Giseles Zauberwort gefunden. Die Ex- Topmodel-Kandidatin will nicht "Bitte" hören, sondern "Charakter". Und schon läuft das mit dem Arschbacken aufsperren. Und der Dschungelprüfung - sieben Sterne. Die Prüfung endet, wie sie begonnen hat: mit Gebrüll. Den Kreis schließt der Chuck Norris des deutschen Unterhaltungsfern­sehens höchstpersönlich.

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Worüber wurde am Lagerfeuer gesprochen? Über Doreens "Mann meines Kindes". Das ist keine Kreuzworträtsel-Definition von "Schwiegersohn", sondern ein Versprecher - und Ausdruck tiefer Emotion. Doreen meint eigentlich den Vater ihres Kindes. Von dem lebt sie seit Kurzem getrennt. Denn: "Ich hab' den Mann verletzt und irgendwie auch nicht gut behandelt." Im nächtlichen Feuerschein weint Doreen Tränen der Reue. Und äußert einen Herzenswunsch: "Dass ich mit der Krone nach Hause komme und er mich in den Arm nimmt und sagt: 'Komm, wir probieren's noch mal'." Nun mag man einer Schauspielerin, die weinend in einer Fernsehshow um Verzeihung bittet, die Ernsthaftigkeit absprechen. Aber in der Welt jener Menschen, für die etwas nur Bedeutung hat, wenn es unter den Augen der Öffentlichkeit stattfindet, ist es wohl der größtmögliche Liebesbeweis.

Satz für die TV-Annalen: "Ich geh immer richtig in die Ecken rein der Menschen." (Evelyn Burdecki mag in vielem Nachholbedarf haben - aber mit Menschen kennt sie sich aus.)

Moral der Geschichte? "Das ist eine Realityshow, also zurück zur Realität", sagt Dr. Bob. Dabei müsste er doch wissen, dass es beim Reality-TV um vieles geht, aber nicht um Realität. Manche lernen's wohl nie.

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