Pornografie:"Das können wir nicht länger hinnehmen"

Pornografie im Internet

Ein Mann schaut sich auf einem Computer einen Porno an. Laut Medienwächter Tobias Schmid haben Pornografie-Plattformen Angst, eine Altersüberprüfung könne auch erwachsene Nutzer abschrecken.

(Foto: dpa)

Internationale Pornoanbieter ignorieren deutsche Jugendschutznormen. Tobias Schmid, Direktor der Landesmedienanstalt NRW, will ihnen nun ausgerechnet zu Corona-Zeiten Druck machen.

Interview von Helena Ott

Jeder zweite Jugendliche hat schon mit 13 Jahren Kontakt mit pornografischen Inhalten. Das zeigt eine Studie der Universitäten Münster und Hohenheim sowie eine Befragung des "Youth Insight Panel" des Bravo-Magazins. Während deutsche Fernsehsender sowie Youtube und Facebook Pornografie aussperren, ist es bisher nicht gelungen, internationale Plattformen wie Pornhub oder Youporn dazu zu bringen, sich an deutsche Jugendschutznormen zu halten. Das will Tobias Schmid, Direktor der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen, ändern und die Plattformen zu wirksamen Alterskontrollen zwingen.

SZ: Herr Schmid, ist es womöglich eine absurde Idee, an der Sperrung von Pornowebsites gerade in Zeiten von Isolation und #wirbleibenzuhause zu arbeiten?

Tobias Schmid: Das würde unterstellen, dass wir Pornoplattformen insgesamt sperren wollen, das ist aber falsch. Wir haben als Medienaufsicht nichts gegen Pornografie und der Konsum ist in Deutschland nicht verboten. Gesetzlich verboten ist dagegen, pornografische Inhalte ohne Altersüberprüfung zur Verfügung zu stellen, sodass Minderjährige sie mühelos ansehen können. Deshalb werden wir Plattformen wie Pornhub jetzt zu wirksamen Altersprüfungen auffordern.

Interview am Morgen

Diese Interview-Reihe widmet sich aktuellen Themen und erscheint von Montag bis Freitag spätestens um 7.30 Uhr auf SZ.de. Alle Interviews hier.

Die waren bisher nicht kooperativ?

Viele der großen Anbieter betreiben ihre Plattformen mit einer Adresse .com, aber außerdem auch mit einer Adresse, die auf .de endet. Nur dort sind Altersprüfungen vorgeschaltet. Das ist aber lächerlich, weil die Masse der Nutzer, auch in Deutschland, über die .com-Adressen auf Pornhub und Co. zugreift, eben um die Altersbeschränkung zu umgehen. Auf den .com-Seiten gibt es sogar Inhalte in deutscher Sprache und Angebote, die sich speziell an deutsches Publikum wenden - und das eben ganz ohne wirksame Jugendschutzmechanismen.

Warum ist es nie gelungen, die gemeinsamen Jugendschutzgesetze der Bundesländer im Internet durchzusetzen?

Die Plattformen haben sich immer wieder Schlupflöcher gesucht; sie wollen keine Altersüberprüfung, weil sie Angst haben, dass es auch erwachsene Nutzer abschreckt, die beim Pornokonsum anonym bleiben wollen. Das können wir nicht länger hinnehmen, da sich die Gefährdung von Jugendlichen in den vergangenen fünf Jahren extrem verschärft hat. 97 Prozent haben ein Smartphone, da haben Eltern viel weniger Einflussmöglichkeiten, als es bei stationären Computern der Fall war.

Medienaufseher Tobias Schmid

Der Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, Tobias Schmid.

(Foto: dpa)

Von welchen Folgen gehen Sie aus, wenn Jugendliche harte Pornografie ansehen?

Nach allem, was wir von Experten wissen, führt es zu einem verzerrten Bild von Liebe und Sexualität und einem verzerrten Bild von weiblichen und männlichen Rollenbildern. Wenn 12-Jährige den Sexualakt beispielsweise ständig im Rudel und mit Gewalt präsentiert bekommen, müssen wir davon ausgehen, dass sich eine falsche Vorstellung festsetzt - dazu muss man kein Kinderpsychologe sein.

Warum sollte es einer einzelnen Landesmedienanstalt gelingen, internationale Pornoplattformen zu zwingen, deutsche Jugendschutznormen umzusetzen?

Vor allem weil es die Rechtslage vorgibt. Wir vertreten in dem Fall nicht das Land Nordrhein-Westfalen, sondern alle Bundesländer. Die Landesanstalt für Medien NRW ist, nach Prüfung der Kommission für Jugendmedienschutz KJM, von den 14 Landesmedienanstalten in diesen Fällen für Verfahren gegen ausländische Portale zuständig. Auch wenn Plattformanbieter gerne in Länder mit laxeren Vorgaben umziehen - bei zentralen Rechtsgütern wie Jugendschutz und Verstößen gegen die Menschenwürde können wir auch gegen Anbieter mit Sitz im Ausland vorgehen.

Es heißt, Sie haben ein Verfahren gegen die Plattform Pornhub eingeleitet?

Kurz gesagt haben wir Pornhub und andere reichweitenstarke Portale schriftlich aufgefordert, ihren Seiten für deutsche Nutzer eine Altersprüfung vorzuschalten. Das haben sie bisher verweigert. Als Nächstes versenden wir in Abstimmung mit der KJM Untersagungsverfügungen. Die letzte Eskalationsstufe, die uns zur Verfügung steht, wäre, auf Telekommunikationsanbieter wie Vodafone oder die Telekom einzuwirken, Plattformen zu sperren, solange Jugendschutzmängel bestehen bleiben.

Gibt es von Ihrer Landesmedienanstalt auch Bemühungen, seriöse Aufklärung mit Unterhaltungswert zu fördern?

Für die Sexualaufklärung von Kindern sind wir erst einmal nicht zuständig. Unsere Aufgabe ist es, Kindern und Jugendlichen Orientierung in digitalen Medien zu geben.

Aber Umgang mit pornografischen Inhalten gehört doch zur Medienkompetenz.

Wir wollen Kindern und Jugendlichen das Know-how für eine selbstbestimmte und faire Internetnutzung geben. Wie schütze ich mich gegen pädophile Attacken in sozialen Netzwerken? Wie verhalte ich mich bei Mobbing im Klassenchat? Es ist wichtig, dass sie wissen, wo sie Unterstützung bekommen könnten. Der Umgang mit Pornografie steht da noch nicht im Zentrum, es ist aber eine interessante Anregung.

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