Natürlich hat Jeffrey Lord keine Zeit. Wer beim amerikanischen TV-Sender CNN um ein Gespräch mit ihm bittet, wird freundlich abgewiesen - so eine Anfrage ist, als hätte man damals im Vatikan um ein Interview mit Michelangelo gebeten, während der gerade am Deckengemälde in der Sixtinischen Kapelle arbeitet. Lord bastelt derzeit an seinem ganz persönlichen Kunstwerk: Er will Donald Trump als grandiosen Präsidenten zeichnen, der den Amerikanern mit ausgestrecktem Finger den rechten Weg weist.
Lord, 66, ist der Chefdeuter des Präsidenten beim Trump-kritischen Sender CNN, er übersetzt Twitter-Einträge, ungeheuerliche Aussagen und dreiste Lügen. Seine Diskussionspartner schimpft er Inquisitoren, die eine Hexenjagd gegen Trump veranstalten. Er handelt aus Überzeugung, betont er stets. Er ist aber auch eine Figur in einer absurden Aufführung, die den Amerikanern allabendlich in allen Sendern vorgesetzt wird: Das Schauspiel ist bei Fox News das Gleiche, nur mit anderer Ausrichtung und anderer Besetzung.
Lord hat Donald Trump als "Martin Luther King des Gesundheitswesens" bezeichnet
Der Trump-Verteidiger Jeffrey Lord also sitzt ab und zu im CNN-Studio, meist aber wird er per Videochat aus seiner Wohnung in Camp Hill im US-Bundesstaat Pennsylvania zugeschaltet. Das Thema ist egal, Lord ist universell einsetzbar. Hinter ihm ist stets eine Amerika-Flagge zu sehen und ein überdimensionales Foto von Ronald Reagan, für den er einst im Weißen Haus arbeite. Lord hat den Ku-Klux-Klan als "militärischen Arm der Demokraten" bezeichnet und Donald Trump als "Martin Luther King des Gesundheitswesens". Als Trump kürzlich Polizeigewalt verharmloste, sagte Lord: "So reden New Yorker nun mal, so funktioniert unser Sinn für Humor."
Natürlich ist das lächerlich, und es soll auch lächerlich sein. Es geht bei diesen Diskussionen zu wie beim Wrestling, wo die Choreografie auch einen Bösewicht verlangt, der vom Helden in den Ringstaub geworfen wird. Lord stellt sich selbst als tumben Hinterwäldler dar, als Gefolgsmann eines lächerlichen Präsidenten, und die Botschaft ans liberale CNN-Publikum ist allgegenwärtig: Wenn das der klügste Mann ist, den CNN für diese Rolle finden kann, wie müssen dann erst die anderen Trump-Anhänger drauf sein?
Lord jedoch ist gar kein Experte. Er war im Dunstkreis der Regierungen von Reagan und George Bush aktiv, er probierte sich erfolglos als Autor und Schauspieler, im Jahr 2004 war er pleite und begann, im Internet politische Texte zu veröffentlichen. 2013 behauptete er in der Hommage "Never Ignore Donald Trump", dass der damalige Geschäftsmann einen gar prächtigen Präsidenten abgeben würde. Trump bedankte sich persönlich bei Lord, der Legende zufolge rief er bei CNN an, dass einer wie Lord den Debatten guttun würde. Der Sender behauptet, Lord schon früher im Auge gehabt zu haben.