Der englische Begriff "News" bedeutet übersetzt "Neuigkeiten". Das zur Klarstellung vorweg. Denn auf das Nachrichtenformat, das US-Präsident Donald Trump vergangene Woche auf seiner Facebook-Seite vorgestellt hat, trifft das nicht unbedingt zu.
Zwei Videos gibt es bislang, betitelt sind sie jeweils mit Real News. Moderatorin der ersten Folge war Trumps Schwiegertochter Lara. Die Premieren-Ausgabe wirkte wie ein Testballon mit Laien-Besetzung: Die 34-Jährige hatte vor ihrem Wechsel ins Familiengeschäft Präsidentschaft als TV-Produzentin gearbeitet. Also hinter der Kamera. Dennoch wurde der zweieinhalbminütige Clip mehr als 2,3 Millionen Mal angeschaut - offenbar Grund genug, das Projekt nun ernsthaft anzugehen. Durch Folge zwei führt ein echter Nachrichtenprofi: Ex-CNN-Kommentatorin Kayleigh McEnany. Die 29-Jährige hatte erst am Samstag auf ihrer Facebook-Seite verkündet, dass sie den Nachrichtensender verlassen werde.
Doch auch wenn die Präsentation vor dem bekannten Wahlkampfbanner-Hintergrund nun professioneller wirkt - es gibt ein neues Problem: Die präsentierten News sind mehrheitlich alt.
Wie in der Vorwoche geht es um Jobs, die Börse und Medaillen für amerikanische Helden. Sogar der Wortlaut ist teilweise identisch: Kayleigh McEnany betont, dass die Arbeitslosigkeit so niedrig sei wie seit 16 Jahren nicht mehr, gleichzeitig befinde sich der Dow Jones auf einem anhaltenden Höhenflug. Gleiches erfuhr man in Folge eins von Lara Trump. Einen kleinen Unterschied macht McEnany, die zum babyblauen Rollkragen-Top eine Goldkette mit Kreuz-Anhänger trägt: Sie spricht von mehr als einer Million Jobs, die Trump seit seinem Amtsantritt geschaffen haben soll. Lara Trump hatte in der Vorwoche noch von 800 000 neuen Stellen gesprochen. Wohl dem, der zur rechten Zeit eine neue Statistik bei der Hand hat, in dem Fall: die Arbeitsmarktzahlen für den Juli.
Ein aktuelles Thema hat McEnany zu bieten
Dabei hätte es für eine News-Sendung in der vergangenen Woche durchaus neue Dinge zu berichten gegeben. Die Entlassung des gerade erst eingestellten Kommunikationschefs Anthony Scaramucci, beispielsweise. Oder Trumps Eingeständnis, an der öffentlichen Erklärung seines Sohnes zu einem Treffen mit einer russischen Anwältin mitgearbeitet zu haben. Oder die Sicherheitspanne im Weißen Haus, bei der es ein britischer Hacker schaffte, hochrangigen Mitarbeitern vorzugaukeln, sie tauschten E-Mails mit dem ebenfalls entlassenen Stabschef Reince Priebus aus. Und das, so bemerkt das US-Portal Slate spöttisch, sei nur der Montag gewesen.
Tatsächlich wartet McEnany dann doch noch mit einem aktuellen Thema auf: Trumps Plan, die erlaubte Einwanderung ins Land um die Hälfte zurückzufahren. Ein guter Plan, befindet die Frau, die jüngst nur vernichtende Worte für das politische Programm der gegnerischen Demokraten fand. Durch weniger Einwanderung stiegen die Löhne, die Armut werde gesenkt und der Steuerzahler spare Milliarden. "Amerikanische Arbeiter verdienen eine Gehaltserhöhung", so McEnany. "Trump stellt endlich den amerikanischen Arbeiter an die erste Stelle."
Eine wahre Nachricht? Wohl eher eine Milchmädchenrechnung: Denn dass in Amerika in den vergangenen Jahren Jobs verlorengingen und Löhne sanken, lag weniger an den Einwanderern, als vielmehr am Strukturwandel. Real News - das machte bereits die erste Folge deutlich - ist natürlich keine Nachrichtensendung. Unter dem Titel gibt das Trump-Team politische Werbevideos heraus, die die Politik des Präsidenten bekanntmachen und ihm bei der Wiederwahl 2020 helfen sollen. Noch werden diese Videos auf Trumps privater Facebook-Seite gezeigt - Beobachter wie der frühere US-Botschafter in Russland, Michael McFaul, fühlen sich dennoch an staatliche Propaganda erinnert.
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Doch wie passt McEnany da rein, die einst an der renommierten Harvard Law School Jura studierte? Auf Facebook schrieb sie, dass ihr der Job bei CNN Spaß gemacht habe, dass sie aber künftig eine neue Rolle einnehmen werde. Richtiger wäre es, zu sagen: McEnany, die sich auf ihrem Twitter-Profil als "christlich" und "konservativ" bezeichnet, nimmt nun ganz offiziell die Rolle ein, die sie auch bisher schon gespielt hat: die der Markenbotschafterin Trumps. Auch bei CNN war die 29-Jährige mehr Aktivistin als Journalistin. Und als solche vermutlich ganz gezielt eingekauft, denn das McEnany Trump unterstützt, hatte sie bereits im Wahlkampf öffentlich gemacht.
Der Sender spannte sie immer dann ein, wenn er eine Stimme brauchte, die Partei für den Präsidenten ergriff. Wie jüngst, als Trump auf Twitter einen Clip veröffentlichte, der einmal mehr Stimmung machen sollte gegen seine härtesten Kritiker: jene Medien, die der Präsident regelmäßig als fake news media schmäht. In der Video-Montage war zu sehen, wie Trump eine Person niederringt, die anstelle eines Kopfes ein CNN-Logo hat. Die Original-Aufnahme stammt von einem Wrestling-Match - wie bei dieser Show-Sportart üblich, geht es durchaus brutal zur Sache.
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"Gibt es bei dir keine rote Linie?"
McEnany kommentierte den Vorfall live im Gespräch mit CNN-Kollegen und räumte ein, dass sie dem Präsidenten davon abgeraten hätte, das Video zu posten. Allerdings sei es offensichtlich als "Satire" gemeint; Trump habe das Recht zurückzuschlagen, wenn er glaube, unfair angegriffen zu werden. Ein Haudrauf-Clip als humoristischer Weg der Selbstverteidigung? CNN-Moderatorin Sally Kohn sah das anders und attackierte McEnany vor laufender Kamera scharf: "Ich kann nicht glauben, dass du das verteidigst! Ich meine, ernsthaft? Gibt es bei dir keine rote Linie? (...) Was wäre, wenn es um ein Foto ginge, das Donald Trump zeigt, wie er ein blutig geschlagenes CNN-Logo hochhält? Überschreitet das die Linie?"
Solches Kontra muss McEnany künftig nicht mehr befürchten. Die Aufzeichnung von Real News findet abgeschirmt im New Yorker Trump Tower statt. Und auch die Ausspiel-Umgebung ist der jungen Frau mit den blonden Haaren größtenteils wohlgesonnen. "Es ist traurig, aber notwendig, Trumps Errungenschaften auf diese Art und Weise zu veröffentlichen", schreibt ein Facebook-Nutzer über ihre Real-News-Premiere. Kayleigh McEnany ist angekommen im Trump-Land.