Die AIDS-Leugner - Der fatale Irrweg der Christine Maggiore
An den 14. Januar des Jahres 2000 werden sich die meisten wohl nicht erinnern. Foo-Fighter-Fans möglicherweise aber schon, denn an diesem Tag spielte die Band rund um Dave Grohl in Los Angeles ein Konzert - und bot der Frau eine Bühne, die in Die AIDS-Leugner die Hauptrolle spielt: Christine Maggiore. Sie ist HIV-positiv, leugnet aber Aids, und sie zieht nicht nur andere Betroffene, sondern auch Künstler und Politiker in ihren Wahn. Indem er ihre Geschichte erzählt, zeichnet der Podcast die unterschiedlichen Phasen der gesellschaftlichen und politischen Wahrnehmung von Aids in den USA, aber auch in Deutschland und Südafrika rund um die Jahrtausendwende nach. Als Hörerin versteht man so nicht nur die Krankheit (als Politikum) besser, sondern auch den mit ihr verbundenen Kulturkampf. Interviews aus den 1990ern mit Betroffenen berühren, alternative Meinungen von Promis irritieren, und die Verschwörungserzählungen rund um Krankheit, Behandlung und Heilung erinnern schmerzlich an eine Pandemie, die gerade erst zu Ende gegangen ist. Manchmal möchte man sein Smartphone an die Wand klatschen, wenn zum wiederholten Mal das Leugnungsargument reproduziert wird, aber durch gute Einordnung und wissenschaftliche Widerlegung vergeht dieses Gefühl. Die fünfte und letzte Folge endet mit dem Tod von Maggiore im Jahr 2008 - eine sechste zur Aufarbeitung der vielen Todesopfer des Leugnungsnarrativs hätte nicht geschadet. Trotzdem eine unbedingte Empfehlung! Christina Lopinski
Katharina Thalbach trifft die Meister des Humors
Gut, natürlich wäre alles noch viel schöner, wenn Katharina Thalbach auch Meisterinnen des Humors getroffen hätte. Es soll derer ja sogar einige geben, also Frauen, die humorbegabt sind und auch noch schreiben können. Sogar in der in diesem Podcast umfassten Zeitperiode zwischen Mitte des 19. und 20. Jahrhunderts: Irmgard Keun zum Beispiel, Mascha Kaléko, die sollen ja durchaus witzig gewesen sein. Trotzdem ist die vierteilige Reihe Katharina Thalbach trifft Meister des Humors äußerst unterhaltsam. Thalbach trifft, also interpretiert Texte von Joachim Ringelnatz, Kurt Tucholsky, Wilhelm Busch und Christian Morgenstern. Kurze Geschichten, Gedichte, kleinste Szenen. Es sei besonders das Stücklein Nachtgespräch von Kurt Tucholsky empfohlen. Darin fantasiert ein Paar im Bett liegend über eine mögliche Wiederverheiratung der Frau mit einem reichen Mann und steigert sich, sich ausmalend, wie die Frau den Mann mit dem Chauffeur betrügen würde, in einen rein hypothetischen Streit hinein. Katharina Thalbach knarzt und quirlt und kratzt und plappert auf ihre so unnachahmliche Art, dass man mindestens grinsen muss. Für den Vollgenuss am besten die Folgen über Kopfhörer hören, dann klingt es so, als hätte man einen kleinen, frechen Thalbach-Kobold im Ohr. Christiane Lutz
GRËUL - 2. Staffel
Mittelalter, ein abgelegenes Tal in den Alpen. Bewohnt von heidnischen Bauern und Handwerkern. In der Nachbarschaft ein Kloster, dem die Dörfler skeptisch bis feindselig entgegenstehen. In der ersten Staffel gab es Geschichten über ein geheimnisvolles, bösartiges, mordendes Wesen, das Grëul. Die Autoren Stuart Kummer und Edgar Linscheid haben in der ersten Staffel ihres Fantasy-Hörspiels geschickt in der Schwebe gelassen, ob es sich dabei nur um einen Aberglauben handelt, den sich die Kirchenmänner für ihre Macht- und Ränkespielen zunutze machen oder ob es das Grëul tatsächlich gibt. In den vier neuen Episoden klärt sich diese Frage, und die Konflikte spitzen sich zu: zwischen der lange autarken Klostergemeinschaft und dem Bischof in Salzburg, zwischen den Mönchen und den Dörflern, den Fraktionen im Dorf untereinander - und mittendrin ein paar Menschen, die ihre ganz eigene, private Agenda verfolgen. Die Geräusch-Landschaft in GRËUL ist mitreißend, die Geschichte spannend. Und der Cast erstklassig: Julia Koschitz, Bjarne Mädel, Friedrich Mücke, Rainer Bock, Anton von Lucke, Lena Klenke, Robert Dölle, Emma Bading ... Stefan Fischer