Bei der Probe-Aufzeichnung im Berliner Ensemble trug Volker Weidermann einen ziemlich blauen Anzug mit T-Shirt drunter. Nun soll man so ein Outfit auch nicht überbewerten, aber wenn man es mit denen des alten Literarischen Quartetts unter Marcel Reich-Ranicki vergleicht - ältere Herren, gedeckte Farben, Krawatten - transportiert dieser Anzug doch eine ganz andere Stimmung: Volker Weidermann, der von Oktober an sechsmal im Jahr die Neuauflage im ZDF leiten soll, ist kein Scharfrichter, sondern Emphatiker, ein heiterer Leseverführer.
"Ich bin enthusiastisch, ich lese gerne und empfehle gerne", bekannte Weidermann im Interview mit Zeit-Feuilletonchefin Iris Radisch, stellte aber zugleich klar, dass er als neuer Spiegel-Literaturchef "den Kanon im Positiven wie im Negativen" mitzubestimmen gedenke.

Daraufhin fragte Radisch, Mitglied des Ur-Quartetts, mütterlich streng: "Ist das jetzt so eine Art Erwachsenwerden Ihrer Kritikergeneration?" Weidermann verwies dezent darauf, dass er nun auch schon 16 Jahre Kritiker sei. "Insofern, klar, fehlen mir eigentlich noch zwei Jahre bis zur beruflichen Volljährigkeit. Stellen Sie sich das vor: Kritikerführerschein, freies Lesen bis spät in die Nacht, das wird herrlich!" Die Antwort jedenfalls ist schon mal ziemlich gut.
Auch wenn Weidermann dem Konzept treu bleiben will, wird es doch alleine durch die Besetzung eine andere Sendung mit Protagonisten aus einer anderen Zeit: Die WDR-Moderatorin Christine Westermann, Schriftsteller Maxim Biller und ein wechselnder Gast werden mit ihm über vier Neuerscheinungen diskutieren und - auf Biller dürfte da Verlass sein - auch kräftig austeilen.