Serie "Lu von Loser" im ZDF:Bitte recht fröhlich

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Die schwangere Lu (Alice Gruia) hadert mit ihrer Mutterrolle. (Foto: Patrick Essex/ZDF)

Die Miniserie "Lu von Loser" erzählt von einer erfolglosen Musikerin, die schwanger ist und sich nicht auf das Kind freut. Für das ZDF ist das ein großes Glück.

Von Elisa Britzelmeier

Lu hat keine Lust. Irgendwie ist sie in dieser Selbsthilfegruppe gelandet, in der die Menschen Selbsthilfegruppen-Sätze sagen, man tut ja viel, wenn man verzweifelt ist. Und gerade, als die anderen denken, dass ein Durchbruch geschafft ist, als Lu nicht mehr teilnahmslos dasitzt, sondern beinahe zu weinen scheint, die Hände verkrampft, zitternd - da holt sie Luft und sagt: War 'n Scherz.

So beginnt die Sadcom-Miniserie Lu von Loser von der Autorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin Alice Gruia. Es ist ein Auftakt, in dem schon alles drin ist, der Witz und die herrliche Apathie der Hauptfigur, die Erwartungen an sie, die Lakonie, das Traurige.

Lu ist Musikerin in den Dreißigern, erfolglos, schwanger, und hadert mit beidem. Sie hat Angst vor der Fremdbestimmtheit und fürchtet zugleich, eine schlechte Mutter zu werden. Wenn es schon schwer genug ist, man selbst zu sein - wie soll man dann auch noch für jemand anderen sorgen?

All diese Erwartungen, die kaum zu erfüllen sind

Sie ist wieder daheim bei ihrer Mutter eingezogen, die morgens zuverlässig mit Kuck-mal-wie-schön-da-draußen-es-ist-schon-fast-Mittag-Gerede ins Zimmer platzt. Unterdessen hat Lus frühere Band gerade "ihr erstes Baby rausgebracht", wie sie auf Instagram verkünden. Der Song, den eigentlich Lu geschrieben hat, wird ein Hit. Und sie sitzt bei der Hebamme und hört Herztöne.

Die Kategorie Miniserie ist hier wörtlich zu nehmen, die acht Folgen sind jeweils nur wenige Minuten lang, alle am Stück hat man in einer knappen Stunde gesehen. Das ist bei aller Komik kein Entspannungsfernsehen und für das ZDF ein großes Glück. Gruia hat die Serie fast ohne Budget während ihrer eigenen Schwangerschaft gedreht, dann sprang der Sender auf.

Es sind Schlaglichter in Lus Leben, mit wenigen Strichen ganz genau gezeichnete Miniaturen, in denen sie mit der anstrengenden Mutter (gespielt von der großartigen Martina Eitner-Acheampong) am Frühstückstisch sitzt und auch sonst nur auf Horrorvisionen von Elterndasein trifft. Die Klassenkameradin, die drei Jungs hat und kein eigenes Leben mehr, "aber man bekommt so viel zurück". Die Bekannte, die immer alles im Griff hatte und nun eine postpartale Depression. Immer wieder sieht man, wie das Geschehen und Lus Gedanken auseinanderdriften. In ihrer Vorstellung erwachen dann Hochzeitsfotos zum Leben und die Leute sagen endlich das, was sie wirklich denken.

Ein zentraler Aspekt der Serie sind die kaum erfüllbaren Rollenerwartungen an Frauen im Allgemeinen und Mütter im Speziellen, Lu reiht sich damit in Anti-Heldinnen-Serien wie Fleabag ein. Lach doch mal, sagt ein Typ am U-Bahnsteig, und Lu denkt an all die Lach-doch-mal-Typen ihres Lebens und dass sie dem nächsten eine reinhauen wollte. Der Vater des Kindes, Lus Exfreund aus Schulzeiten, ein sagenhaft uncooler Leitungswassertrinker, schlägt vor, sie solle mit dem Baby reden. Solle mal weniger gestresst sein. Nicht immer so negativ. Und sie, zum Bauch: Hitler, Hitler, Hitler!

Am Ende dieser knappen Stunde hat man das Gefühl, eine neue Freundin gewonnen zu haben. Jetzt würde man gern einfach immer mehr sehen aus Lus Welt.

Lu von Loser , in der ZDF-Mediathek.

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